Weberei Haas - Bodmer - Hürlimann

Aus Ottenbach
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Die Gründer und ihre Nachfolger

Johann_Arnold_Walter_Bodmer-Knechtle_*22.02.1836_† 11.12.1925

Jakob Gottfried Hürlimann-Schneider 1835 - 1915

Walter_Bodmer-Hürlimann_*23.03.1865_† 24.03.1905 Sohn von J.A.W. Bodmer

Walter_O._Bodmer-Simon_*11.11.1896_† 10.09.1989 Sohn von Walter Bodmer-Hürlimann

Otto Hürlimann, Fabrikdirektor *1875 †Mai 1953

Arthur Ferdinand Haas-Appenzeller*14.Dez.1889 - ?

Martha Haas-Appenzeller *1888 - 1982?

Robert Walter Haas *1919 - ?

Eduard Hugo Haas-Barca * 1921 - 2013?

Ildegarda Haas-Barca 1927-2014


Bodmer Verena 10.Januar 1928 - 11.Januar 2015


Die „Fabrik“ in Ottenbach

Eine cronologische Kurzfassung verschiedener Artikel über die „Fabrik“, ehemals Bodmer und Hürlimann und Co, dann A.F. Haas und Co. und jetzt Haas-Shopping

Der Vorläufer der „Fabrik“ war 400 Jahre lang eine Getreidemühle.

1454 wurde ein Hans Müller „ze Rüss“ in den Steuerlisten erwähnt.

1638 machten der Ottenbacher Müller Heinrich Grob und die Zivilgemeinde Ottenbach eine Eingabe bei den „gnädigen Herren“ in Zürich, dass er an der Reuss einen neuen „malhufen“ –bestehend aus einem Mühl- und einem Bodenstein, sowie ein Wasserrad errichten dürfe. Zu „heissen und trockenen“ Sommerszeit sammle sich zu wenig Wasser im Mühleweiher.

1647 war die neue Getreide- Mühle an der Reuss fertiggestellt.

1690 hat ein Hans Jacob Beerli als Müller in Ottenbach gewirkt. (Quelle:Weissbrod-Bühler/H.Geiger)

1729 lehnte der Zürcher Rat ein Ausbauvorhaben des Ottenbacher Müllers ab.

1833 Eine Wasserrechtsurkunde bewilligte dem Ottenbacher Müller J.Beerli den Bau einer neuen Wasserkraftanlage. Er baute einen Kanal und in die Reuss hinein ein Streichwehr, um das Wasser regulierter in den Kanal einzuleiten und damit das Wasserrad zu betreiben. (1843 und 1869 in der Wildkarte eingezeichnet) Der Müller verkauft seine Anlage an Heinrich Schmid von Gattikon.[[1]]

1865 Bau des Hauses „Zur Mühle“, (Muristrasse 28) Laut Paul Schneebeli, Lokalhistoriker, steht dieses Haus an Stelle der ehemaligen Mühle und ist ein Wohnhaus und gehört zum Landwirtschaftsbetrieb der daneben stehenden Scheune mit Tenn, 2 Ställen und einem Rossstall. Die ganze Liegenschaft gehörte zur Fabrik. 1895 wurde ein Teil der Scheune abgerissen und an deren Stelle ein Mehrfamilienhaus für Arbeiterfamilien der Fabrik gebaut, genannt "Kosthaus". Im Haus "Zur Mühle" waren zudem eine Bäckerei, ein Laden des Konsumvereins Ottenbach und eine Wirtschaft untergebracht. Fünf Pächter haben von 1882 bis 1908 gewirtet. Der letzte Wirt, Gottlieb Bolliger übernahm 1908 die Bäckerei an der Muristrasse ??(heute Bäckerei Rimann) Daneben betrieb er weiter den Laden des Arbeiterkonsumvereins der Fabrik. (Alle Angaben von Paul Schneebeli)

Das Wohnhaus "Zur Mühle", die dazu gehörende einzeln stehende Scheune mit Stall und einige kleinere Nebengebäude, wurde im April/Mai 2021 abgebrochen. Im Zusammenhang mit dem Bau des Autobahnzubringers wird die Hauptstrasse verschoben, der Bau eines Mehrfamilienhauses ist im Gang. (2022)


1867 mieteten die Herren Bodmer und Hürlimann von Heinrich Schmid, die von ihm zu einer Fabrik (1) umgebaute Mühle in Ottenbach. Die Firma hiess "Bodmer & Hürlimann" mit Sitz in Zürich. Sie produzierten Beuteltuch, sogenannte Müllergaze.

1870 kauften sie die Fabrik und einige Jahre später auch das zur Mühle gehörende Wohnhaus (Muristrasse 28) und Scheune mit Stall, an der ein Kosthaus (Muristrasse 30) für die Arbeiter und deren Familien angebaut (1870) wurde. Auch das Landwirtschaftsland ging in ihren Besitz über.

1881 wurde das grosse Gebäude mit Satteldach errichtet. Jetzt wurde Schirmstoff produziert, welcher hauptsächlich in die USA exportiert wurde.

1880/81 hatte das Wasserrad von 1836 ausgedient und wurde durch eine leistungsfähigere Jonval-Turbine der Firma Bell & Cie, Kriens, ersetzt, welche im 1. Turbinenhaus installiert wurde. Die Wasserenergie reichte aber für die nunmehr 200 Webstühle nicht aus, die fehlende Energie lieferte eine Dampfmaschine. (Foto Seite 69) Im Gebäude neben dem Hochkamin war zuerst die Kutschen und Pferdefuhrwerke untergebrach, später die (Dampf)- Heizzentrale.

1882 Da es in Ottenbach zu wenig Platz hatte, pachteten 1882 die damaligen Fabrikbesitzer Johann Arnold Walter Bodmer und Jakob Gottfried Hürlimann von den Gebrüdern Stierli in Wey (Muri AG) die Weyermühle. Sie liessen das Wasserrad entfernen, bauten eine Turbine ein und eröffneten die «Seidenwinderei Bodmer und Hürlimann» mit anfänglich 15 Arbeiterinnen.

Die Beleuchtung wurde durch Vergasung von Karbid erzeugt (Karbidanlage mit Gasometer, Seite 70, ganz rechts)

1887 Die Firma "Bodmer & Hürlimann", wurde umbenannt in "A.-G. Mech. Seidenstoffweberei Zürich" Q:Geiger S. 29

1893 Bau Shedtraktes (Vers. 225) (Q: Inventar der Denkmalschutzobj. Kt.Zürich S.385)

Um 1900 wird der Oberwasserkanal verbreitert und das Streichwehr auf 200 m verlängert.

1910 erstellte das Ingenieur-Büro H. Hickel, Luzern, das heutige Turbinenhaus und eine stärkere Francis-Turbine der Maschinenfabrik Uzwil in Betrieb genommen.

1919/1920 wurden eine Schreinerei und eine Schlosserei eingerichtet. (Flachdachgebäude mit Glasoberlichtern im Tiefparterre an der Muristrasse.)

1920 wurde die heute noch funktionierende Francis-Turbine der Firma Bell eingebaut. Diese lieferte über den Dynamo und den Generator und Strom in die neuen Elektromotoren und in die Gross- Batterieanlage mit 200 Gläser zu je 100 Liter Säure für die Beleuchtung. Die Karbidbeleuchtung wurde ausgemustert.

1920 wurden anstelle der 350 bisherigen Webstühle 120 grössere installiert.

1920 wurden 220 ArbeiterInnen beschäftigt. Der Shedbau wurde erweitert.

1935 übernahm die Seidenstoffweberei A.F. Haas & Co, die in der Weltwirtschaftskriese schwer angeschlagene Firma Bodmer und Hürlimann & Co. Sie produzierten Kleider- Möbel- und Dekorationsstoffe. Das wirtschaftliche Auf- und Ab machte auch der A.F. Haas zu schaffen.

1936 Liquidation der Mechanischen Seidenstoffweberei in Ottenbach. Neugründung der Kommanditgesellschaft A.F.Haas & Co. mit Gustav Otto Hürlimann als Kommanditär. Q: Geiger S.58

1936 schloss man die Fabrik ans Stromnetz der EKZ an. Die Turbinenanlage lieferte aber weiterhin Energie.

1943 wurden noch 110 Personen beschäftigt.

Bis 1970 produzierte die Firma Kleider- Möbel- und Dekorationsstoffe. Für die Einführung neuer Webstühle wären klimatisierte Räume nötig gewesen. Die Produktion wurde deshalb in andere Betriebe verlegt.

Ab 1975 dienen die Fabrikräumlichkeiten zuerst als „Fabrikladen“ und heute als „Haas Shopping“ Verkaufszwecken.

1975 wurde die Turbinenanlage ganz ausser Betrieb gesetzt

1977 übernimmt der Kanton Zürich im Zusammenhang mit dem Natur- Reussuferschutz die Anlage. (Kanal mit Einlaufwerk und Turbinengebäude)

1980 bewilligt der Regierungsrat des Kantons Zürich einen Restaurierungskredit, mit dem Zweck, diese Wasserkraftanlage als wichtiger Zeuge der industriellen Pionierzeit im Reusstal zu erhalten. Die Anlage wurde 1980/81 umfassend renoviert.

2005 Die grossen Überschwemmungen am 21. August, spielten auch der Wasserkraftanlage Haas übel mit. Das mit viel Sand beladene Hochwasser überflutete den Maschinenraum kniehoch und richtete grossen Schaden an. Der Museumsbetrieb musste sofort eingestellt werden. Die Anlage wurde durch die spezialisierte Firma RENOVITA vollständig renoviert.

2007 Das Hochwasser am 9. August blieb zwar ca. 40 cm unter der Rekordhöhe von 2005. Dennoch wurde das Turbinenhaus und die Turbine wieder mit Sand verschmutz. Das Streichwehr mit Einlaufbauwerk war schon vorher in schlechtem Zustand mit verschiedenen Lücken. Das Augusthochwasser Riss noch mehr und grössere Lücken. Auch ein Teil des Oberlaufes musste mit neuen Pfahlwänden verbaut werden. Der Regierungsrat beschloss eine Sanierung.

2012 Die Arbeiten sind abgeschlossen. Am 5. Mai findet auf Einladung von Kanton und Gemeinde ein Info-Tag bei der Anlage statt. Der Museumsbetrieb kann wieder eröffnet werden.

100 Jahre lang war die „Fabrik“ der einzige grosse Arbeitgeber in der Gemeine Ottenbach. Generationen von Ottenbachern und vor allem Ottenbacherinnen aus den meisten Familien im Dorf arbeiteten im Laufe ihres Lebens über kürzere oder längere Zeit in der Fabrik (auch „Pfupfi“ genannt, abgeleitet vom Arbeitsgeräusch des Lokomobils) und verdienten so etwas Bargeld für die schmale Familienkasse.

Zusammenfassung: Peter Eichhorn 1.2014/Korrekturen 9.2017 Weitere Quellen! Peter Aebersold, Zürich


Quellen: Bernhard Schneider „Ottenbachs Bevölkerung im Wandel der Zeit“; Verena Bodmer, Landhusweg, Ottenbach; Gustav Strickler: Senator Bodmer von Stäfa, Polygraphisches Institut A.G. Zürich 1923 (1); Geiger Heinz: Fabrikverantwortliche und andere Personen um das historische Kleinkraftwerk bis zum Jahr 1977. Dokumentation Nr. 2 April 2018. „Industriearchäologie“ – https://www.nike-kulturerbe.ch - Zeitschrift für Technikgeschichte 1/1881; „Turbinenanlage Ottenbach“ - Museumsführer, 8.1983; Archiv Peter Eichhorn im Holzauszugskasten unter H, Mappe „Haas“; Wikipeter > www.squix.org/ottenbach - https://www.historisches.kleinkraftwerk.ottenbach.ch


Litografien und Fotografien als baugeschichtliche Dokumente


Foto von vor 1910 vlnr:

Erstes Turbinenhaus>ältestes Fabrikgebäude mit Satteldach>Dampfmaschine>Shedhalle>Kamin der Heizung>Wagenremise>Gasometer>am oberen Bildrand Villa Bodmer





Foto von 1915 vlnr:

>Kosthaus, 2001 abgebrochen, nicht sichtbar die daran angebaute Scheune mit Stall>ältestes Fabrikgebäude mit Satteldach>davor Turbinenhaus von 1910>neue Überdachung für die Dampfmaschine>Shedhalle>Kamin der Heizung>Wagenremise mit neuen Anbauten>am oberen Bildrand Villa Bodmer





Foto ab Dia um 1957:

Die Fabrikanlage ist verdeckt durch Bäume und Gebüsche, rechts oben das um 1950 oberhalb der Villa Hürlimann erbaute EFH von Fabrikdirektor Robert Haas.

Vorne im überschwemmten Steuegebiet Bibelaas die Schulklasse von Lehrer Johann Fisch. Johann Fisch war von 1953 bis zu seiner Pensionierung 1959 Primarlehrer in Ottenbach. Er war begeisterter Fotograf und machte den Naturkundeuntericht gerne im Freien, zur Freude der Kinder.



Foto 9.2.2010

Das Turbinenhaus ( linke Bildseite) mit seinen technischen Einrichtungen ist ein Zeuge der Industialisierung der Webereitechnik. Unter dem Namen "Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach" sorgt ein eigens dafür gegründeter Verein für den Betrieb und Unterhalt sowie den Museumsbetrieb. Das Turbinenhaus, der Oberwasser- und der Unterwasserkanal sind im Besitz des Kantons Zürich.

Im abgebildeten Hauptgebäude zerstörte um 1950 ein Feuer den Dachstock. Der Wiederaufbau erfolgte in Form eines Flachdaches und beherbergte lange Zeit die Betriebskantine/Essraum

Ab 1975 ist die Fabrik Haas zuerst ein "Fabrikladen" und später als "Haas Shopping" ein Warenhaus. Eine Spezialität ist der riesige Stoffladen.

Ansichtskarte 1905 Lichtdruck

oben: Der älteste Fabrikteil, auf dem Treppenhaus thront ein Glockentürmchen, rechts das erste Turbinenhaus

unten: Die Reussbrücke von 1864, im Hintergrund die Fabrik Haas












Farblitografie, nach 1901

Ansichtkarten in Farblitografie mit Strichzeichnung waren bis 1914 in der Bevölkerung sehr beliebt. Die Postkarten (ohne Illustration) oder die Ansichtskarten waren das SMS dieser Zeit. Der 1.Weltkrieg beendete international den Boom, da der Tourismus schlagartig wegfiel. National wurden weiter Ansichtskarten verschickt.

Ansicht vlnr:> Kosthaus mit Landwirtschaftl.Gebäude > Haus "Zur Mühle" Baujahr um 1800 > Muristrasse > Fabrik Haas. Prominent in der Mitte hat der Zeichner die Telefonleitung hingestellt, als Zeichen des Fortschrittes. Ottenbach erhielt die ersten Telefonverbindung 1901.

Fotoabzug nach 1911

Ansicht vlnr:> Landwirtschaftliche Liegenschaften Weihermatt 6/8, > Kosthaus > Fabrik > Fabrikschopf > Turbinenhaus > rechts oben Landhaus Bodmer





Foto 12.1.2012

Fotostandort wie oben.> Da die neue Reussbrücke um ca 25 m flussaufwärts gebaut wurde, ergab sich die neue Strassenführung. > Im Backstein-Flachdachgebäude befindet sich das Filterwerk der Wasserversorgung.> Nach dem Brand des Dachstockes im Hauptgebäude wurde ein Flachdach aufgebaut.> Der zweite Fabrikschopf wurde nach 1911 gebaut, Baujahr nicht bekannt.





Weitere geschichtliche Informationen über den Einsatz der Wasserkraft in Ottenbach bei Mühlen in Ottenbach und der Wikipediaseite ""Ottenbach ZH""



Eine Mühle im 17. Jahrhundert an der Reuss am heutigen Standort des historischen Kleinkraftwerkes?

Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach

Dieser Beitrag ist in der Dorfzeitung "Ottebächler", Ausgabe März 2018 Nr.205 erschienen.

Autor: Heinz Geiger

25.4.2018 Heinz Geiger, Präsident Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach.

Das Internet ist heute eine unerschöpfliche Quelle für Nachforschungen über die Vergangenheit der Fabrikgeschichte des historischen Kleinkraftwerkes in Ottenbach. Mit Geduld und manchmal per Zufall aber auch durch Hinweise von anderen Personen entdecken wir immer wieder unbekannte Tatsachen und neue Zusammenhänge. Unser bisheriges Wissen erweist sich oft als unrichtig und erfährt spannende Erweiterungen.

So erwähnt Marion Weisbrod-Bühler in ihrer Geschichte der Familie Weisbrod-Zürrer einen Müllergehilfen Rudolf Zürcher (oder Zürer), der von 1671 bis 1695 gelebt hatte. Rudolf heiratete 1694 die Schwester Elisabetha des Müllers Hans Jakob Beerli aus Ottenbach. Dass sich der Müllerberuf dann vererbte bis zum letzten Müller Jakob Beerli (1804 bis 1843?) ist weiter für diese traditionelle Tätigkeit nicht erstaunlich. Aufhorchen lässt jedoch der folgende Satz der Autorin: Die Mühle hier liegt nahe der Reuss und ihr schnellfliessendes Wasser wird durch einen Seitenarm auf das Wasserrad geleitet. Dieser vorerst fast unglaubliche Satz verlangte der Überprüfung. Doch gibt die Autorin die Quellen so ungenau an, dass diese nicht eruiert werden und die erheblichen Zweifel am Wahrheitsgehalt nicht ausgeräumt werden konnten.

Doch da gibt es noch einen Hinweis: Hans Konrad Gyger's Züricher-Cantons-Carte 1667. Unsere Zusammensetzung der Nachbarblätter 46 und 47 ist in der Abbildung wiedergegeben.

Und siehe da, man findet eine Mühle an einem Seitenarm der stark verzweigten Reuss, bezeichnet als Neüemühle (?). Auf der Zusammensetzung ist übrigens auch die Mühle von Rickenbach aufgeführt, die mit Wasser des Lindenbaches (in Ottenbach Mülibach genannt) betrieben worden war. Vom berühmten Hans Konrad Gyger gibt es auch eine Militärkarte von 1659. Der Ausschnitt von Ottenbach findet sich auf dem Buchdeckel zu Ottenbachs Bevölkerung im Wandel der Zeit, von Bernhard Schneider. Auf dieser Karte sind jedoch keine Mühlen eingetragen. Über den genauen Zeitpunkt der Errichtung der Neuen Mühle wissen wir aufgrund dieser 2 Quellen nichts. Die Entstehung einer Karte von den Feldaufnahmen bis zum Druck zieht sich über Jahrzehnte hinweg. Auch das weitere Schicksal dieser Neuen Mühle ist noch unbekannt. Vermutlich musste sie im Zusammenhang mit den Reusskorrektionen aufgegeben werden.

Der Jakob Beerli von 1804 darf jedoch weiterhin als Erbauer der Mühle am heutigen Standort des Kleinkraftwerkes gelten. Ein nochmaliger Blick auf die Abbildung zeigt überdies, dass Ober- und Unterwasserkanal ungefähr einem älteren Flussarm folgen konnten, wie auch ein Blick auf die heutige Topografie bestätigt. Der direkte Nachfolger von Jakob Beerli war sein Cousin Heinrich Schmid. Jakob‘s Mutter war die Schwester von Heinrich Schmid‘s Vater.

Die Umstände, die zum Verkaufe führten, sind unklar. Beerli soll die Müh¬le von Heinrich Schmid zurück gemietet haben, bevor Schmid Mühle und Grundstücke weiter verkaufte. Heinrich Schmid wollte eine mechanische Seidenweberei einrichten, scheiterte jedoch mit Versuchen, die er in seiner Baumwollspinnerei in Gattikon mit Honegger-Webstühlen in dieser Richtung durchführte. Er hatte jedoch die Mühle in Ottenbach zu einer Fabrik umgebaut und auch schon wasserbauliche Veränderungen beim Einlauf in den Oberwasserkanal vorgenommen.

Ob und was Schmid in der Fabrik produzierte, wissen wir nicht. Obwohl er ein Mann mit grossem Tatendrang war und mit Fabriken in Thalwil-Gattikon, Adliswil und im Kanton Zug als Pionier der Textilindustrie gilt, zögerte er in Ottenbach mit der Umsetzung seiner Plänen und vermietete die Gebäude 1867 an die Herren Bodmer und Hürlimann, die sie dann zusammen mit den Grundstücken 1869 käuflich erwarben und darin eine mechanische Seidenstoffweberei einrichteten, damals noch mit dem Wasserrad betrieben. Durch Schmid liessen sie noch einen Anbau an die Fabrik machen. Doch erst mit einem Neubau und dem Einbau der ersten Turbine – einer Jonvalturbine –, 1881, konnte ein leistungsfähiger Fabrikbetrieb aufgenommen werden.

Der eine der beiden Gründer, Johann Arnold Walter Bodmer, stammte jedoch nicht von der im 18. Jahrhundert in Zürich führenden Seidenfamilie Bodmer ab und der andere, Jakob Gottfried Hürlimann, war ein Bauernsohn aus Horgen, ohne familiäre Beziehungen zur Brauereifamilie Hürlimann. Das weitere Schicksal der Seidenstoffweberei lag vorab in den Händen dieser beiden. Ihre Nachfolger als Verwaltungsräte, Direktoren oder Prokuristen stammten überwiegend aus diesen Familien, zählt man doch in der Firmengeschichte insgesamt je 5 Personen mit den Namen Bodmer und Hürlimann.

Am nächsten Schweizerischen Mühlentag, 12. Mai 2018 bietet sich wieder Gelegenheit, das Kleinkraftwerk im Betrieb zu besichtigen und Näheres über die Geschichte der Fabrik und die technische Entwicklung der Wasserkraft zu erfahren.

Wer Interesse hat, in unserem kleinen Verein als Aktiv- oder Passivmitglied mitzuwirken, ist herzlich eingeladen, sich bei uns via Website zu melden.

Heinz Geiger

Präsident Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach

www.historisches.kleinkraftwerk.ottenbach.ch


Quellen:

Marion Weisbrod-Bühler, 1962:Die Seidenwaage. Chronik der Familien Zürrer und Weisbrod, Eigenverlag der Verfasserin.

Hans Conrad Gyger‘s Züricher-Cantons-Carte 1667 (www.e-rara.ch)



Ein junger Verein sorgt für das Historische Kleinkraftwerk Ottenbach

Einleitung

Das Kleinkraftwerk an der Reuss bei Haas-Shopping muss man den Ottenbachern und Ottenbacherinnen nicht vorstellen. Vielleicht sind sich aber nicht alle der Bedeutung dieser Anlage mit den Wasserbauten, den historischen Maschinen und Messgeräten, dem Fabrikareal und dem Naturschutzgebiet bewusst. Einzigartig ist, dass die Fabrikanlage, die für die industrielle Entwicklung von Ottenbach und der Region eine grosse Bedeutung hatte, in weiten Teilen erhalten werden konnte und dass Turbine, Getriebe, Transmissionen und Generator im Zustand von 1920 noch voll betriebstüchtig sind und elektrischer Strom ins übergeordneten Netz abgegeben werden kann.

Dem Regierungsrat und der Denkmalpflege des Kantons Zürich war und ist der historische Wert und die Erhaltung des Ensembles ein grosses Anliegen, das mit nicht unwesentlichem finanziellen Aufwand verbunden ist. Nach dem Erwerb 1977 von Turbinenanlage, Wasserbauten und Naturschutzgebiet Bibellaas (verbunden mit einem Landabtausch für eine Umfahrung!) galt es vorerst, die Maschinen zu revidieren. Für diese Arbeiten konnten noch Spezialisten gefunden werden, die mit Turbine, Leitapparat und Generator vertraut waren. Die elektrischen Anlageteile wurden von Elektro Roth revidiert. Diese Renovationsarbeiten, die auch das Turbinengebäude und die Erneuerung der Uferbefestigung umfassten, erfolgten und der Leitung von Martin Stampfli von der Kantonalen Denkmalpflege und unter Mitwirkung des Amtes für Gewässerschutz. Nach dem Abschluss dieser Arbeiten wurde die Turbinenanlage als Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Die Turbinenanlage als Museum

Mittlerweile war es Frau Charlotte Kunz Bolt von der Denkmalpflege, die die Anlage betreute und als Anlagechef wurde von 1982 - 2006 Kurt Bolt beauftragt, der verantwortlich für Unterhalt und Museumsbetrieb war. Es war ihm ein Anliegen, die Turbinenanlage mit Bezug zur Wasserkraftnutzung in der Schweiz darzustellen, wozu einige Exponate von anderen Turbinentypen Aufnahme fanden.

Um Stillstandschäden zu vermeiden, muss die Turbinenanlage regelmässig in Betrieb gesetzt werden. Mechanische Teile und Wasserbauten erfordern zudem regelmässige Reinigungs- und Unterhaltsarbeiten. Mehrere Herren aus Ottenbach und Umgebung haben sich als Turbinen- oder Schwellenwarte mit der Ausführung von Wartungs- und Unterhaltsarbeiten verdient gemacht. Aus den Akten gehen folgende Namen hervor:Eugen Grob, Jakob Hausheer, Herrmann Grab, Hans Riniker, Oskar Hug, Max Fasel und Peter Heer. Ab 1998 wirkte der Hauswart der Seidenweberei Haas AG, Hans Fässler, als Mitarbeiter und Stellvertreter des Anlagenchefs.

Foto März 2005 Ottebächler: Turbinenwart Hermann Grab

Verheerende Hochwasser 2005 und 2007

Die Hochwasser vom 21. August 2005 und vom 7. August 2007 haben nicht nur das Turbinengebäude kniehoch unter Wasser gesetzt, sondern auch den Uferschutz des Oberwasserkanals beschädigt und das bereits zuvor nicht mehr intakte Streichwehr weiter zerstört. Eine Sanierung der Wasserbauten erwies sich als unumgänglich, wie eine Schadenanalyse durch die Stiftung Revita ergab. In den folgenden Jahren mussten Turbine und bewegliche Lager von Sand und Schlamm befreit und revidiert werden und die Uferleitverbauungen des Oberwasserkanals und insbesondere das Streichwehr wurden erneuert. Die unter Leitung von Christian Marti, Amt für Wasser, Energie und Luft, stehenden Arbeiten wurden von der Ingenieurunternehmung ITECO projektiert und weitgehend nach historischem Vorbild durchgeführt. Am 5. Mai 2012 konnte Regierungsrat Kägi mit einem Tag der Offenen Tür den Abschluss der Sanierungsarbeiten feiern.

Ein neues Kleinwasserkraftwerk im Oberwasserkanal?

Im Auftrag der EKZ wurde in den letzten 2 Jahren von der ITECO untersucht, ob sich der Bau eines permanenten Kleinwasserkraftwerkes wirtschaftlich lohnen würde. Dazu wurden die Abflussverhältnisse aufgrund von Messdaten hydraulisch und hydrologisch genauer untersucht. Im Ergebnis ist man zum Schluss gekommen, dass ein solches Kleinwasserkraftwerk im gegenwärtigen Zeitpunkt unrentabel wäre.

Das Kleinkraftwerk hätte übrigens den Museumsbetrieb nicht beeinträchtigt, da es während Vorführungen abgestellt worden wäre. Nach anfänglicher Skepsis gegenüber dem Vorhaben, war später das Vorhaben als Bereicherung für das Museum betrachtet worden.

Von der Betriebsgruppe zum Verein Historisches Kleinkraftwerk Ottenbach

Nach den Unwettern 2005 und 2007 fanden keine Vorführungen der Francis-Turbine mehr statt. Erst auf die Einweihungsfeiern hin wurden von der Denkmalpflege (Beat Stahel) Interessenten für den Betrieb und Unterhalt der Anlage gesucht. Fortan übernahm eine lose Betriebsgruppe von 4 Personen diese Aufgaben. Als es um die Institutionalisierung dieser Betriebsgruppe ging, gab es amtsintern beim Kanton Zürich Schwierigkeiten und als Lösung wurde die Übertragung der Aufgaben an einen Verein verlangt.

Nach vielen Vorarbeiten konnten am 18. Dezember 2013 unter Leitung des damaligen Gemeindepräsidenten, Kurt Weber, die Statuten verabschiedet und die Gründungsversammlung durchgeführt werden.

Dem Verein wurden zwei Hauptaufgaben übertragen: Einerseits ist gemäss Leistungsauftrag eine regelmässige Inbetriebsetzung der Anlage, der laufende Unterhalt und das Ergreifen von Hochwasserschutzmassnahmen sicherzustellen. Für diese Aufgaben erhält der Verein eine Entschädigung. Die Durchführung von Vorführungen für das breite Publikum oder angemeldete Gruppen und die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit mit Pressekontakten, das Betreiben der Website, die Beschaffung von audiovisuellen Hilfsmitteln und Mitmachen an Schweizerischen oder Europäischen Museumstagen ist die zweite Aufgabe des Vereins, die in Eigenverantwortung wahrgenommen und aus den Einnahmen der Vorführungen finanziert wird.

Der Verein ist selbstverständlich nicht Eigentümer irgendwelcher Anlageteile, sondern erfüllt seine Tätigkeiten im Auftrag der Kantonalen Denkmalpflege auf deren Unterstützung er jederzeit zählen kann. Die Gesamtanlage erfordert auch ein dauerndes Engagement von weiteren kantonalen Dienststellen, wie Amt für Wasser, Energie Luft (insbesondere Erich Stutz mit seiner Equipe), Liegenschaftenverwaltung, Naturschutz und Fischereiaufsicht. Die Standortgemeinde Ottenbach unterstützt uns in vielfältiger Weise, nicht zuletzt mit der Gemeindewebsite. Nicht unerwähnt bleiben soll die vorzügliche Zusammenarbeit mit Haas-Shopping, die aufgrund der räumlichen Nähe unabdingbar ist.

Aktiv- oder Passivmitglied werden

Der Verein besteht im Augenblick aus 6 motivierten Aktivmitgliedern. Voraussetzung für eine Aktivmitgliedschaft ist die Bereitschaft, aktiv bei Unterhalt und Vorführungen mitzuwirken. Wir würden uns freuen, wenn sich noch zwei bis drei Interessenten melden würden, die zeitlich relativ flexibel verfügbar sind, technisches Flair und vor allem Freude haben, eine solche schweiz-, wenn nicht weltweit einzigartige Anlage betreuen zu können. Ab diesem Jahr bieten wir auch eine Passivmitgliedschaft an. Mit einem Jahresbeitrag von Fr. 50.- können Passivmitglieder unsere Vereinstätigkeit im Bereich der Vermittlung unterstützen. Ausblick und Kontakt

Der Verein ist noch in der Aufbauphase und richtet vorerst das Augenmerk auf eine reibungslose Erfüllung unseres Auftrags. Ein Korb voller Ideen ist aber in unseren Köpfen und die sollen schrittweise umgesetzt werden.

Wir stehen für Vorführungen insbesondere für Gruppen, Vereine, Anlässe, usw. zur Verfügung. Die Bevölkerung ist jeweils herzlich eingeladen am Schweizerischen Mühlentag, dieses Jahr am 16. Mai, bei uns vorbeizuschauen. An den Europäischen Tagen des Denkmals 12./13. September werden wir in einer begleitenden Ausstellung Produkte der Seidenweberei A.F. Haas und seltene elektrische Messgeräte aus der Sammlung von Werner Schefer-Gujer zeigen. Voraussichtlich wird auch am 1. August wieder „turbiniert“ werden.

Für Vorführungen und Auskünfte gibt es folgende Kontaktmöglichkeiten:

Website: http://www.historisches.kleinkraftwerk.ottenbach.ch mit Kontaktformular E-Mail: hkk.ottenbach@gmail.com oder direkt beim Unterzeichneten

Heinz Geiger

Obiger Artikel erscheint im Gemeindeheft "Ottebächler" Nr.187, Ende März 2015. Der Vorabdruck im Wikipeter am 13. März 2015 erfolgt mit freundlicher Bewilligung des Autors Heinz Geiger

Weitere geschichtliche Informationen über den Einsatz der Wasserkraft in Ottenbach bei Mühlen in Ottenbach und der Wikipediaseite Ottenbach ZH


Fabrikkanal - 2011 Grossbaustelle an der Reuss

Streichwehrsanierung

Die Ableitung des Wassers von der Reuss in den Fabrikkanal – das sogenannte Streichwehr – wird als Industriedenkmal instand gesetzt. Ausserdem werden die Ufer- und Kanalböschungen saniert.

Der Spaziergang von der Reussbrücke Richtung Obfelden auf der zürcherischen Seite des Flusses wird wenige hundert Meter oberhalb der Brücke zu einem eigentlichen Hindernislauf. Schuld ist eine Baustelle, die auf den ersten Blick nicht preisgibt, was denn da wirklich gebaut wird. Am Ufer der Reuss wird auch keineswegs etwas Neues erstellt, im Gegenteil, hier handelt es sich um eine sehr alte Baute, die der Kanton Zürich für 1,34 Millionen Franken saniert. Die Kosten werden aus dem Natur- und Heimatschutzfonds finanziert. Seit Dezember letzten Jahres sind die Instandsetzungsarbeiten an den denkmalgeschützten Wasserbauten des Streichwehrs im Gange. Das sogenannte Streichwehr sowie die Ufer- und Kanalböschungen, die durch zwei Hochwasser in den Jahren 2005 und 2007 beschädigt wurden, sollen nach ursprünglichem Vorbild wiederhergestellt und saniert werden. Der Begriff Streichwehr bezeichnet eine parallel zum Flusslauf angeordnete Einrichtung zur Ableitung des Wassers in einen Kanal. Mit den seitlichen Überlaufschwellen des Streichwehrs kann gezielt und unabhängig vom Wasserstand die Wasserableitung reguliert werden. Sobald die Wassertiefe im Gerinne die Wehrhöhe überschreitet, «springt» das Streichwehr an. Der Wall stoppt das Wasser nicht, sondern lässt es vielmehr darüber streichen, daher auch die Bezeichnung Streichwehr. Foto 14.2.2011 Peter Eichhorn

Erste Wasserkraft für den Betrieb einer Mühle

Der Ursprung der Ableitung von Reusswasser in einen Kanal geht auf ein Baugesuch zurück, das der Müller, Heinrich Grob, im Jahre 1638 an die «Gnädigen Herren» in Zürich richtete. Er bat um die Bewilligung, an der Reuss einen Mühlstein und ein Wasserrad zu errichten. Erst sieben Jahre später, also 1645, erlaubte der Zürcher Rat den Bau. (Anmerkung: Verglichen mit den heutigen Fristen, die z.B. eine Bewilligung für den Bau einer Umfahrungsstrasse benötigt werden, war das Bewilligungsverfahren damals direkt schnell.) Die erste Mühle an der Reuss wurde offensichtlich bescheiden mit einem einfachen Wasserrad betrieben. Erst im Jahre 1831 begann dann aber der damalige Müller in Ottenbach mit dem Bau einer Wasserkraftanlage. Um sein neues Wasserrad antreiben zu können, liess er einen Kanal bauen. Für die bessere Wasserfassung errichtete er das Streichwehr. Im 17. und 18. Jahrhundert war im Säuliamt die Textil-Heimindustrie weit verbreitet. In vielen Kellern und Stuben standen Webstühle und boten den zahlreichen Klein- und Halbbauern ein dringend benötigtes Zusatzeinkommen. 1843 nahm dann die erste industrielle Weberei in Ottenbach ihren Betrieb auf. Sie baute ihre Fabrik am bereits bestehenden Kanal und benützte die Wasseranlagen der Mühle für den Betrieb ihrer Webstühle. Die Herren Bodmer und Hürlimann, von der «Mechanischen Seidenstoffweberei Zürich», kauften 1869 die Wasserkraftanlage und bauten die ehemalige Mühle bis 1871 in eine Textilfabrik um. In den Jahren 1880/81 wurde die Fabrik vergrössert und das Wasserrad mit einer leistungsfähigeren Turbine ersetzt. Die Textilindustrie blühte an der Reuss und die Webstühle ratterten um die Wette.

Doppelt interessanter Spaziergang an der Reuss

Für den Antrieb der zweihundert Webstühle musste allerdings noch zusätzlich eine Dampfmaschine Energie spenden. Mit dem Einbau der noch heute bestehenden Francisturbine im Jahre 1920, erreichte die Fabrik dann eine starke Modernisierung. Später wurden die Transmissionsanlagen abgebrochen und die Anlage elektrifiziert. Die mittlerweile gut 350 kleinen Webstühle wurden durch grössere und schnellere ersetzt. Die fehlende Energie bei Niedrigwasser erzeugte man aber immer noch mit einer Dampfmaschine. Das EKZ lieferte erst ab 1936 den zusätzlich benötigten Strom.

Die Weltwirtschaftskrise um 1930 besiegelte das Schicksal der Weberei und die Seidenstoffweberei A.F. Haas übernahm die Fabrik und die Wasserkraftanlagen. Unter dem Namen «Haas Shopping», dienen die Fabrikräumlichkeiten seit 1975 nur noch zu Verkaufszwecken.

Das Streichwehr, der Kanal und die Wasserkraftanlagen sind als wichtige Zeitzeugen denkmalgeschützt. Die Sanierung und Wiederherstellung nach altem Vorbild darf als aussergewöhnliches Projekt bezeichnet werden. Mit seiner Länge von 200 Metern gilt das Streichwehr in Ottenbach als eines der längsten im Kanton Zürich. Zusammen mit den Wasserkraft-Anlagen, gehört das Streichwehr zur bedeutenden historischen Erinnerung an die Pionierzeit der Industrialisierung.

Die Sanierung ist bereits weit fortgeschritten und dürfte diesen Sommer fertig gestellt werden. Ein Spaziergang an der Reuss kann so mit einem Besuch der interessanten Anlagen verbunden werden und wird damit zu einem doppelt interessanten Erlebnis.

Martin Mullis und Peter Eichhorn

Erschienen im Ottebächler Mai 2011 Heft Nr. 164

Weitere geschichtliche Informationen über den Einsatz der Wasserkraft in Ottenbach bei Mühlen in Ottenbach und der Wikipediaseite "Ottenbach ZH"


Fabrikanal - Historische Wasserbauten in Ottenbach

Auf die Sanierung des Streichwehrs folgen die Arbeiten am Oberwasserkanal

Medienmitteilung der Baudirektion des Kantons Zürich Mai 2011

Im Dezember 2010 wurden die Instandsetzungsarbeiten an den denkmalgeschützten Wasserbauten beim Kleinkraftwerk der ehemaligen Seidenweberei Haas am Reussufer in Ottenbach aufgenommen. Die Sanierung des Streichwehrs konnte im April plangemäss abgeschlossen werden. In einer zweiten Etappe erfolgen nun die Arbeiten am Oberwasserkanal. Für Erholungssuchende, die sich auf dem Reussuferweg bewegen, entstehen durch die Bauarbeiten keine Einschränkungen.

Am Südwestrand der Gemeinde Ottenbach steht das mit 200 Metern längste historische Streichwehr im Kanton Zürich: ein parallel zum Flusslauf liegendes Wuhr, über welches das Wasser «streicht» und für die Energiegewinnung abgeleitet wird. Das Streichwehr gehört zum Kleinkraftwerk der ehemaligen Seidenweberei A.F. Haas & Co., das heute als Museumsanlage genutzt wird. Um die Beschädigungen aufgrund von Hochwasserereignissen in den Jahren 2005 und 2007 zu beheben, nahm die kantonale Baudirektion im Dezember 2010 die Sanierung in Angriff.

Die Instandstellungsarbeiten am Streichwehr sowie an den Verbauungen am Reussufer konnten im April erfolgreich abgeschlossen werden.

Erschienen im Ottebächler Mai 2011 Heft Nr.164

Foto 25.11.2011 Peter Eichhorn. Fabrikanal. Auf der in Fliessrichtung linken Kanalseite sieht man die neue Uferverbaung, ausgeführt in der traditionellen Holzbauweise. Im Hintergrund links das um 1951 erbaute EFH des Fabrikdirektors Robert Haas, rechts das ehemalige Sommerhaus der vormaligen Fabrikbesitzer Bodmer, erbaut 1911

Weitere geschichtliche Informationen über den Einsatz der Wasserkraft in Ottenbach bei Mühlen in Ottenbach und der Wikipediaseite Ottenbach ZH


Der Ottenbacher Fabrikkanal - Energiespender und Naturschutzgebiet

Der Fabrikkanal bildet, zusammen mit den Gebieten Bibelaas und Gmeimatt (Eisfeld) das grösste zusammenhängende Naturschutzgebiet auf Ottenbacher Boden. Die Reuss bildet die westliche Grenze der ca. 133‘000 m2 umfassenden Fläche. Vor allem in der wärmeren Jahreszeit wird das Gebiet stark genutzt. Bei Badewetter ist die Strecke vom Kanalwehr bis zur Reussbrücke die beliebte Ottenbacher „Riviera“. Auch Naturbeobachter, Jogger, Biker und Wanderer geniessen die einmalige Flusslandschaft. Ein später erscheinender Artikel wird sich mit der speziellen Flora und Fauna befassen.

In der folgenden kurzen Abhandlung soll aber die Geschichte des sogenannten „Fabrikkanals“ erläutert werden.

Die Getreidemühle

Schon im Jahr 1454 finden sich drei Familien namens Müller auf den Steuerlisten. Der Beiname von Hans Müller „Ze Rüss“ und ein steuerbares Vermögen von 100 Pfund weist darauf hin, das er in Ottenbach eine Mühle betrieben hat. Detaillierte Informationen liegen aber erst im 17. Jahrhundert vor. In einer Eingabe an die „Gnädigen Herren“ in Zürich, beantragen der Ottenbacher Müller Heinrich Grob und die Zivilgemeinde Ottenbach 1638, das Müller Grob an der Reuss einen neuen „Malhufen“ - bestehend aus einem Mühl- und Bodenstein sowie einem Wasserrad – errichten dürfe. Erst 1645 bewilligte der Zürcher Rat den Bau. Die heutigen Baugesuche werden doch etwas speditiver behandelt. Oder? 1647 war die neue Mühle an der Reuss fertiggestellt. Diese Mühle blieb so bis 1836. Eine, in diesem Jahr ausgestellte Wasserechtsurkunde, bewilligte dem Ottenbach Müller den Bau einer neuen Wasserkraftanlage. Dazu liess er einen Kanal bauen, der ein neues Wasserrad antrieb. Für die bessere Wasserfassung baute er ein Streichwehr in die Reuss.

Von der Mühle zum Textilgewerbe

Im 17. und 18. Jahrhundert war die Textil- Heimindustrie in allen Bezirksgemeinden stark verbreitet. Sie bot den vielen Klein- und Halbbauern das nötige Zusatzeinkommen. Vor allem wurde Baumwolle gesponnen, aber auch Mousseline- und Indienne- Webstühle standen in den Kellern und Stuben. In Ottenbach waren diese Einkommen ebenfalls zum Überleben nötig. Als die erste industrielle Weberei 1843 am Fabrikkanal ihren Betrieb aufnahm, wurde diese für über 100 Jahre der wichtigste Arbeitgeber in Ottenbach. Fast aus jeder Ottenbacher Familie arbeitete jemand in der „Fabrik“. Auch aus den benachbarten Aargauer Gemeinden kamen jeden Tag Arbeiterinnen und Arbeiter zu Fuss oder mit dem Velo zur Arbeit. (In Zwillikon und Obfelden waren ebenfalls Webereien in betrieb) 1920 arbeiteten 220 Personen in der Weberei , 1943 noch 110. In meiner Jugendzeit erlebte ich den Arbeitsbeginn- und Ende jeden Tag. Am morgen strömten die Arbeiterschar auf der Muristrasse zur Fabrik. Die meisten zu Fuss, wenige mit dem Velo. Punkt 06.30 Uhr ertönte zum Arbeitsbeginn ein durchdringender Sirenenton. Die Mittagspause um Punkt 11.00 begann wiederum mit Sirenenklang. Die Hausfrauen zuvorderst, (zu Hause musste noch das Essen zubereitet werden) strömte das Volk an den Mittagstisch. Auf Punkt 13.00Uhr das Ganze wieder zurück. Arbeitsschluss Punkt 17.30 Uhr, immer mit Sirene.

Die Seidenstoffweberei

1869 wurde die Wasserkraftanlage an die „Mechanische Seidenstoffweberei Zürich“ der Herren Bodmer und Hürlimann verkauft, welche die Mühle bis 1871 in eine Textilfabrik umbauten. Zehn Jahre lang trieb das Wasserrad von 1833 die Webstühle der Seidenweberei an. 1880/81 wurde die Fabrik vergrössert und das Wasserrad durch eine leistungsfähigere Turbine ersetzt. Doch selbst diese reichte für den Antrieb der nunmehr 200 Webstühle nicht aus, die fehlende Energie lieferte eine Dampfmaschine. (Standort beim heutigen Ladeneingang) Für die Speisung der Gaslampen brauchte man Karbid. Mit dem Einbau der heute noch bestehenden Francisturbine der Firma Bell in Kriens, Baujahr 1920, setzte eine starke Modernisierung ein. Die mechanischen Transmissionsanlagen wurden abgebrochen und die Fabrikanlage elektrifiziert. Die 350 kleinen Webstühle wurden durch 120 grössere, leistungsfähigere ersetzt. Die fehlende Energie bei Niedrigwasser erzeugte man immer noch mit einer Dampfmaschine. Erst ab 1936 lieferte die EKZ den zusätzlich benötigten elektrischen Strom.

Die Weltwirtschaftskriese

Die Weltwirtschaftskriese um 1930 brachte das Unternehmen 1932 zu Fall. Die Fabrik, samt Wasserkraftanlage, übernahm die Seidenstoffweberei A.F. Haas. Sie produzierte bis 1970 Kleider-, Möbel- und Dekorationsstoffe. Die Einführung einer neuen Webstuhlgeneration erforderte vollklimatisierte Websäle und führte zur Verlegung der Produktion in andere Betriebe. Seit 1975 dienen die Fabrikräumlichkeiten nur noch zu Verkaufszwecken, heute unter dem Namen „Haas-Shopping“.

1977 erwarb der Kanton Zürich, im Zusammenhang mit dem Reussuferschutz, unter anderem das Turbinenhaus samt Einrichtungen. Der verschlammte Kanal wurde gereinigt und die Turbinenanlage restauriert. Sie ist der Öffentlichkeit als Museum zugänglich. Der ganze Kanal, vom Einlaufbauwerk bis zur Mündung ist im Besitz des Kantons Zürich und zusammen mit den Flachmooren Bibelaas und Gmeimatt (Eisfeld) ein einmaliges Naturschutzgebiet.

Quellen: -Bernhard Schneider, Ottenbachs Bevölkerung im Wandel der Zeit ( Zu beziehen in der Gemeindekanzlei) -Hochbauamt des Kantons Zürich, Faltprospekt zum Museum

Der obige Artikel erschien im "Ottebächler" 127 März 2005 Autor: Peter Eichhorn

Weitere geschichtliche Informationen über den Einsatz der Wasserkraft in Ottenbach bei Mühlen in Ottenbach und der Wikipediaseite "Ottenbach ZH"


Hochwasser im Kleinkraftwerk Haas, 21. August 2005

Das Wetter schlägt Purzelbäume. Lange Trockenheit kurze aber heftige Niederschläge machen der Wasserkraftnutzung auch in der Schweiz zu schaffen. Die Überschwemmungen vom August 2005 spielten auch verschiedenen Kleinwasserkraftwerken übel mit. Die stiftung revita wurde beauftragt Schadensanalysen zu erarbeiten.

KWKW Haas in Ottenbach (ZH) Die 1837 erstellte Anlage war bis 1975 industriell in Betrieb. Der Kanton Zürich übernahm die Anlage 1977, stellte sie unter Denkmalschutz und betreibt das KWKW seither als Wasserkraft Museum.

Am 21. August 2005 überfluteten die Wassermassen der Reuss den Maschinenraum kniehoch. Obwohl der Kraftwerksbetrieb sofort eingestellt wurde richtete das frachtbeladene Wasser grossen Schaden an. Die Kantonale Denkmalpflege des Kt. Zürich gab der stiftung revita den Auftrag den Umfang des Schadens und die Kosten für die Wiederinstandstellung zu ermitteln.

Generator, Schaltschrank und mehrere Wellenlager wiesen Wasserschäden auf. Der eingeschwemmte Sand bedeckte den Turbinenraum bis auf 60 cm Höhe. Die Turbine war durch schweren Sand blockiert. Die Schwierigkeit dieser Aufgabe bestand darin, trotz beschränkter Zugänglichkeit eine verlässliche Beurteilung abzugeben.

Quelle: Stiftung Revita Langenbruck www.revita.ch


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