Walter O. Bodmer-Simon *11.11.1896 † 10.09.1989: Unterschied zwischen den Versionen

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L E B E N S L A U F
'''L E B E N S L A U F'''
 
von
von
W A L T E R O . B O D M E R - S I M O N
 
Dr. phil.tr, Dr. rer.pol.h.c.
'''W A L T E R O. B O D M E R - S I M O N'''
ll. November 1896 - 10. September 1989
 
Dr. phil.tr. Dr. rer.pol.h.c.
 
11. November 1896 - 10. September 1989
 
(nach einem Entwurf des Verstorbenen aus seinen letzten Lebensjahren)
(nach einem Entwurf des Verstorbenen aus seinen letzten Lebensjahren)
Walter Bodmer wurde am I l. November 1896 in Ottenbach, Kanton Ziirich, im Haus bergwirts
 
Walter Bodmer wurde am I l. November 1896 in Ottenbach, Kanton Zürich, im Haus bergwärts
der ehemaligen Seidenfabrik geboren und verbrachte dort seine Jugendzeit bis zum Herbst
der ehemaligen Seidenfabrik geboren und verbrachte dort seine Jugendzeit bis zum Herbst
1907. Seinen Vater hatte der Knabe schon im Alter von 8 Jahren verloren. Nach dessen Tod
1907. Seinen Vater hatte der Knabe schon im Alter von 8 Jahren verloren. Nach dessen Tod
zog sich seine Mutter aus Trauer 0ber diesen Verlust weitgehend aus ihrem fr0heren
zog sich seine Mutter aus Trauer über diesen Verlust weitgehend aus ihrem früheren
Bekanntenkreis zur0ck und beschrinkte ihre Beziehungen auf ihre Familie. Umso enger waren
Bekanntenkreis zurück und beschränkte ihre Beziehungen auf ihre Familie. Umso enger waren
die Beziehungen des Knaben mit der ihn umgebenden Landschaft. In der fruchtbaren Ebene
die Beziehungen des Knaben mit der ihn umgebenden Landschaft. In der fruchtbaren Ebene
der Reuss mit ihren miichtigen alleinstehenden Eichen, ihren malerischen Baumgruppen und
der Reuss mit ihren mächtigen alleinstehenden Eichen, ihren malerischen Baumgruppen und
dem umfassenden Weitblick auf die Alpen empfing er die entscheidenden Eindrtcke ftirs
dem umfassenden Weitblick auf die Alpen empfing er die entscheidenden Eindrücke fürs
Leben. Hier, in den Schachen liings der Reuss und im damals noch ausgedehnten Ried, fand
Leben. Hier, in den Schachen links der Reuss und im damals noch ausgedehnten Ried, fand
er eine enge Verbundenheit mit der Natur, die seine lebhafte Einbildungskraft mit Fabelgestalten
er eine enge Verbundenheit mit der Natur, die seine lebhafte Einbildungskraft mit Fabelgestalten
belebte.
belebte.
So eng verbunden war er mit der heimatlichen Landschaft, dass er, als seine Mutter
So eng verbunden war er mit der heimatlichen Landschaft, dass er, als seine Mutter
mit ihm und seiner Schwester, Dorli, zur weiteren Ausbildung der Kinder nach Ziirich zog,
mit ihm und seiner Schwester, Dorli, zur weiteren Ausbildung der Kinder nach Zürich zog,
sehr stark an Heimweh litt und sogar erkrankte. Nie hat er sich in der Folge in Z0rich so
sehr stark an Heimweh litt und sogar erkrankte. Nie hat er sich in der Folge in Zürich so
heimisch gefiihlt wie in Ottenbach, wo seine Mutter mit Sohn und Tochter den grdssten Teil
heimisch gefühlt wie in Ottenbach, wo seine Mutter mit Sohn und Tochter den grössten Teil
der Schulferien und ab und zu auch das Wochenende im eigenen Landhaus verbrachte, das sie
der Schulferien und ab und zu auch das Wochenende im eigenen Landhaus verbrachte, das sie
im Jahre l9ll hatte erbauen lassen.
im Jahre 1911 hatte erbauen lassen.
In Ziirich besuchte Walter Bodmer das Realgymnasium. Er widmete sich hernach an den
 
Universitlten Ztrich, Bern und Genf dem Studium der Chemie, besuchte jedoch daneben auch
In Zürich besuchte Walter Bodmer das Realgymnasium. Er widmete sich hernach an den
Universiäten Zürich, Bern und Genf dem Studium der Chemie, besuchte jedoch daneben auch
historische, literarhistorische und weitere Vorlesungen, um seine allgemeine Bildung zu
historische, literarhistorische und weitere Vorlesungen, um seine allgemeine Bildung zu
vervollstlndigen und zu vertiefen. Zeitweise noch mehr als das Chemiestudium fesselte den
vervollständigen und zu vertiefen. Zeitweise noch mehr als das Chemiestudium fesselte den
jungen Mann das obligatorische Nebenfach Geologie, in das er unter der Leitung des ausgezeichneten
jungen Mann das obligatorische Nebenfach Geologie, in das er unter der Leitung des ausgezeichneten
Berner Geologen Prof. P. Arbenz eingefiihrt wurde. Die Geologie vermittelte
Berner Geologen Prof. P. Arbenz eingeführt wurde. Die Geologie vermittelte
ihm Kenntnisse 0ber die Entstehung und den Charakter der von ihm so geliebten Gebirgsund
ihm Kenntnisse über die Entstehung und den Charakter der von ihm so geliebten Gebirgs-und
Flusslandschaften im Einzugsgebiet der Reuss. Denn zu wissen, wie es in der Vergangenheit
Flusslandschaften im Einzugsgebiet der Reuss. Denn zu wissen, wie es in der Vergangenheit
ngewesen war", hat Walter Bodmer stets neu mit unersiittlicher Neugierde erfiillt,
"gewesen war", hat Walter Bodmer stets neu mit unersättlicher Neugierde erfüllt,
nicht nur in Beziehung mit der Erdgeschichte, sondern auch bez0glich der Menschheitsgeschichte.
nicht nur in Beziehung mit der Erdgeschichte, sondern auch bezüglich der Menschheitsgeschichte.
Daneben hatte er seit seiner Studentenzeit literarische Interessen, nicht nur ftir
Daneben hatte er seit seiner Studentenzeit literarische Interessen, nicht nur für
deutsche, sondern auch f0r franz6sische Literatur.
deutsche, sondern auch für französische Literatur.
Anlisslich einer Theaterauff0hrung in franz6sischer Sprache lernte er eine elsiissische
 
Pfarrerstochter, Marguerite Simon, kennen, die splter seine Lebensgefihrtin werden
Anlässlich einer Theateraufführung in französischer Sprache lernte er eine elsässische
sollte. Der gliicklichen Ehe entsprossen eine Tochter und zwei Sdhne.
Pfarrerstochter, Marguerite Simon, kennen, die später seine Lebensgefährtin werden
Nach bestandenem Doktorexamen in Chemie wandte sich Walter Bodmer zuniichst der
sollte. Der glücklichen Ehe entsprossen eine Tochter und zwei Söhne.
Textilveredlung, namentlich der Fiirberei von Textilfasern und -stoffen zu und trat nach
 
einiger Zeit in die eigentliche Textilindustrie 0ber. Er war lange Zeit in einem Familienunternehmen
Nach bestandenem Doktorexamen in Chemie wandte sich Walter Bodmer zunächst der
Textilveredelung, namentlich der Färberei von Textilfasern und Textilstoffen zu und trat nach
einiger Zeit in die eigentliche Textilindustrie über. Er war lange Zeit in einem Familienunternehmen
der Seiden- und Kunstseidenweberei in Italien tatig.
der Seiden- und Kunstseidenweberei in Italien tatig.
In seiner Mussezeit widmete sich Walter Bodmer geschichtlichen Studien und schuf
In seiner Mussezeit widmete sich Walter Bodmer geschichtlichen Studien und schuf
sich als Autodidakt das notwendige wissenschaftliche Rtistzeug f0r seine geschichtliche
sich als Autodidakt das notwendige wissenschaftliche Rüstzeug für seine geschichtliche
Forschungsarbeit, der er sich zunlchst wehrend der Ferien widmete. Seine erste geschichtliche
Forschungsarbeit, der er sich zunächst wehrend der Ferien widmete. Seine erste geschichtliche
Arbeit wurde im Jahre 1930 in Strassburg im Elsass in franz6sischer Sprache ver-
Arbeit wurde im Jahre 1930 in Strassburg im Elsass in französischer Sprache veröffentlicht und behandelte die schweizerische Einwanderung in die während des Dreissigjährigen
Offentlicht und behandelte die schweizerische Einwanderung in die wiihrend des Dreissigjihrigen
Krieges verwüstete ehemalige elsässische Grafschaft Hanau-Lichtenberg im 17
Krieges verwtistete ehemalige elsiissische Grafschaft Hanau-Lichtenberg im l7
Jahrhundert. Auf diese schweizerische Einwanderung ins Elsass hatte ihn sein Schwiegervater,
Jahrhundert. Auf diese schweizerische Einwanderung ins Elsass hatte ihn sein Schwiegervater,
Pfarrer Jean Simon, aufmerksam gemacht. Gleich diese erste Arbeit wurde von Historikern
Pfarrer Jean Simon, aufmerksam gemacht. Gleich diese erste Arbeit wurde von Historikern
vom Fach als ausgezeichnet beurteilt.
vom Fach als ausgezeichnet beurteilt.
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Beruflich war Walter Bodmer weiter in der Textilindustrie in Italien, spAter ftir
Beruflich war Walter Bodmer weiter in der Textilindustrie in Italien, später für
kgrzere Zeit wieder in einer Flrberei tetig. Im Jahre 1942 kehrte er in die Schweiz
küzere Zeit wieder in einer Färberei tätig. Im Jahre 1942 kehrte er in die Schweiz
zurtick und zog spiiter auch seine Familie nach, als die Zustiinde in Norditalien, wo er ein
zurück und zog später auch seine Familie nach, als die Zustände in Norditalien, wo er ein
Haus in Cernobbio bei Como erworben hatte, unhaltbar wurden.
Haus in Cernobbio bei Como erworben hatte, unhaltbar wurden.
In der Schweiz widmete er sich weiterhin historischen Forschungen. Daneben war er
In der Schweiz widmete er sich weiterhin historischen Forschungen. Daneben war er
einige Zeit in "Heer und Haus" als dreisprachiger Korrespondentetig und fand von dort
einige Zeit in "Heer und Haus" als dreisprachiger Korrespondent tätig und fand von dort
aus nach einiger Zeit eine Stellung als Sekretiir in dem eben gegriindeten Schweizerischen
aus nach einiger Zeit eine Stellung als Sekretär in dem eben gegründeten Schweizerischen
Tropeninstitut in Basel. In dieser Stellung konnte er neben seinen sprachlichen, organisatorischen,
Tropeninstitut in Basel. In dieser Stellung konnte er neben seinen sprachlichen, organisatorischen,
wirtschaftlichen und geographischen Kenntnissen auch sein Wissen iiber die
wirtschaftlichen und geographischen Kenntnissen auch sein Wissen über die
Entwicklung der Gebiete in Uebersee verwenden. Daneben verOffentlichter einige Arbeiten
Entwicklung der Gebiete in Uebersee verwenden. Daneben veröffentlichte er einige Arbeiten
iiber die schweizerische Auswanderung nach Uebersee und iiber einzelne Aspekte der schweizerischen
über die schweizerische Auswanderung nach Uebersee und über einzelne Aspekte der schweizerischen
Wirtschaftsgeschichte. Er hielt auch Vorlesungen iiber Probleme der Geschichte
Wirtschaftsgeschichte. Er hielt auch Vorlesungen über Probleme der Geschichte
der iiberseeischen Gebiete.
der überseeischen Gebiete.
 
Seit 1953 wandte er sich dann ausschliesslich der Erforschung der schweizerischen
Seit 1953 wandte er sich dann ausschliesslich der Erforschung der schweizerischen
Wirtschaftsgeschichte zu. Er war auch Experte fiir die Beurteilung von Dissertationen iiber
Wirtschaftsgeschichte zu. Er war auch Experte für die Beurteilung von Dissertationen über
Themen auf diesem Gebiete, die unter der Leitung von Prof. Max Silberschmidt an der Universitlt
Themen auf diesem Gebiete, die unter der Leitung von Prof. Max Silberschmidt an der Universität
Ztrich verfasst wurden.
Zürich verfasst wurden.
Der Beweggrund, der Walter Bodmer immer wieder zu neuen Nachforschungen tiber die
 
Der Beweggrund, der Walter Bodmer immer wieder zu neuen Nachforschungen über die
politische und insbesondere die wirtschaftliche Vergangenheit der schweizerischen Eidgenossenschaft
politische und insbesondere die wirtschaftliche Vergangenheit der schweizerischen Eidgenossenschaft
oder von Teilen derselben, ja von einzelnen Orten und Erscheinungen trieb,
oder von Teilen derselben, ja von einzelnen Orten und Erscheinungen trieb,
war keineswegs wissenschaftlicher Ehrgeiz. - Er hat es stets abgelehnt, eine akademische
war keineswegs wissenschaftlicher Ehrgeiz. Er hat es stets abgelehnt, eine akademische
Laufbahn zu ergreifen, trotz wiederholter Aufmunterung dazu seitens seiner Freunde und
Laufbahn zu ergreifen, trotz wiederholter Aufmunterung dazu seitens seiner Freunde und
Bekannten. - Vielmehr war es der Drang, sich aufgrund von Archivdokumenten Klarheit insbesondere
Bekannten. - Vielmehr war es der Drang, sich aufgrund von Archivdokumenten Klarheit insbesondere
ilber die wirtschaftlichen Verhiiltnisse in fr0heren Jahrhunderten zu verschaffen,
über die wirtschaftlichen Verhältnisse in früheren Jahrhunderten zu verschaffen,
der ihn zu Nachforschungen veranlasste. Diese Neugierde empfand er aber nur fiir die
der ihn zu Nachforschungen veranlasste. Diese Neugierde empfand er aber nur für die
Vergangenheit, nicht f0r das Leben und Treiben seiner Zeitgenossen. Er betrachtete seine
Vergangenheit, nicht für das Leben und Treiben seiner Zeitgenossen. Er betrachtete seine
Forschungen auch nie als ethisch verdienstlich, freute sich aber, als er 1962 von der
Forschungen auch nie als ethisch verdienstlich, freute sich aber, als er 1962 von der
Universitit Bern, von der er seinen ersten Doktortitel erhalten hatte, mit dem "doctor
Universität Bern, von der er seinen ersten Doktortitel erhalten hatte, mit dem "doctor
honoris causa" fiir seine bisher verdffentlichten Arbeiten geehrt wurde, zu denen auch
honoris causa" für seine bisher veröffentlichten Arbeiten geehrt wurde, zu denen auch
eine schweizerische Industriegeschichte gehOrte. Er empfand diese Ehrung als eine Aufmunterung,
eine schweizerische Industriegeschichte gehörte. Er empfand diese Ehrung als eine Aufmunterung,
mit seinen Forschungen fortzufahren, was er auch tat.
mit seinen Forschungen fortzufahren, was er auch tat.
Auch in religidser Hinsicht war Walter Bodmer stets ein Suchender, der sich seiner
 
eigenen Unvollkommenheit durchaus bewusst war. Er gab sich anderseits Rechenschaft Uber
Auch in religöser Hinsicht war Walter Bodmer stets ein Suchender, der sich seiner
die geringe Bedeutung des einzelnen Menschen, ja der Menschheit iiberhaupt angesichts der
eigenen Unvollkommenheit durchaus bewusst war. Er gab sich anderseits Rechenschaft über
Weite des Universums mit seinen unendlichen Riiumen und seinen Milliarden von Galaxien,
die geringe Bedeutung des einzelnen Menschen, ja der Menschheit überhaupt angesichts der
die je Milliarden von Sternen enthalten, deren Licht wir zu sehen vermdgen. Die Grossartigkeit
Weite des Universums mit seinen unendlichen Räumen und seinen Milliarden von Galaxien,
der Sch6pfung beeindruckte ihn tief. Sie schien ihm die Allmacht und unendliche
die je Milliarden von Sternen enthalten, deren Licht wir zu sehen vermögen. Die Grossartigkeit
Grosse Gottes zu offenbaren. Den Schliissel zu seiner Beziehung zur Menschheit und zum
der Schöpfung beeindruckte ihn tief. Sie schien ihm die Allmacht und unendliche
Grosse Gottes zu offenbaren. Den Schlüssel zu seiner Beziehung zur Menschheit und zum
einzelnen Menschen gab ihm jedoch die Bibel, insbesondere das Neue Testament, und in
einzelnen Menschen gab ihm jedoch die Bibel, insbesondere das Neue Testament, und in
diesem wiederum das gedanklich tiefste Evangelium, dasjenige des Johannes und die Paulus-
diesem wiederum das gedanklich tiefste Evangelium, dasjenige des Johannes und die Paulus- Briefe.
Briefe.


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Aktuelle Version vom 23. Juni 2015, 18:37 Uhr

L E B E N S L A U F

von

W A L T E R O. B O D M E R - S I M O N

Dr. phil.tr. Dr. rer.pol.h.c.

11. November 1896 - 10. September 1989

(nach einem Entwurf des Verstorbenen aus seinen letzten Lebensjahren)

Walter Bodmer wurde am I l. November 1896 in Ottenbach, Kanton Zürich, im Haus bergwärts der ehemaligen Seidenfabrik geboren und verbrachte dort seine Jugendzeit bis zum Herbst 1907. Seinen Vater hatte der Knabe schon im Alter von 8 Jahren verloren. Nach dessen Tod zog sich seine Mutter aus Trauer über diesen Verlust weitgehend aus ihrem früheren Bekanntenkreis zurück und beschränkte ihre Beziehungen auf ihre Familie. Umso enger waren die Beziehungen des Knaben mit der ihn umgebenden Landschaft. In der fruchtbaren Ebene der Reuss mit ihren mächtigen alleinstehenden Eichen, ihren malerischen Baumgruppen und dem umfassenden Weitblick auf die Alpen empfing er die entscheidenden Eindrücke fürs Leben. Hier, in den Schachen links der Reuss und im damals noch ausgedehnten Ried, fand er eine enge Verbundenheit mit der Natur, die seine lebhafte Einbildungskraft mit Fabelgestalten belebte.

So eng verbunden war er mit der heimatlichen Landschaft, dass er, als seine Mutter mit ihm und seiner Schwester, Dorli, zur weiteren Ausbildung der Kinder nach Zürich zog, sehr stark an Heimweh litt und sogar erkrankte. Nie hat er sich in der Folge in Zürich so heimisch gefühlt wie in Ottenbach, wo seine Mutter mit Sohn und Tochter den grössten Teil der Schulferien und ab und zu auch das Wochenende im eigenen Landhaus verbrachte, das sie im Jahre 1911 hatte erbauen lassen.

In Zürich besuchte Walter Bodmer das Realgymnasium. Er widmete sich hernach an den Universiäten Zürich, Bern und Genf dem Studium der Chemie, besuchte jedoch daneben auch historische, literarhistorische und weitere Vorlesungen, um seine allgemeine Bildung zu vervollständigen und zu vertiefen. Zeitweise noch mehr als das Chemiestudium fesselte den jungen Mann das obligatorische Nebenfach Geologie, in das er unter der Leitung des ausgezeichneten Berner Geologen Prof. P. Arbenz eingeführt wurde. Die Geologie vermittelte ihm Kenntnisse über die Entstehung und den Charakter der von ihm so geliebten Gebirgs-und Flusslandschaften im Einzugsgebiet der Reuss. Denn zu wissen, wie es in der Vergangenheit "gewesen war", hat Walter Bodmer stets neu mit unersättlicher Neugierde erfüllt, nicht nur in Beziehung mit der Erdgeschichte, sondern auch bezüglich der Menschheitsgeschichte. Daneben hatte er seit seiner Studentenzeit literarische Interessen, nicht nur für deutsche, sondern auch für französische Literatur.

Anlässlich einer Theateraufführung in französischer Sprache lernte er eine elsässische Pfarrerstochter, Marguerite Simon, kennen, die später seine Lebensgefährtin werden sollte. Der glücklichen Ehe entsprossen eine Tochter und zwei Söhne.

Nach bestandenem Doktorexamen in Chemie wandte sich Walter Bodmer zunächst der Textilveredelung, namentlich der Färberei von Textilfasern und Textilstoffen zu und trat nach einiger Zeit in die eigentliche Textilindustrie über. Er war lange Zeit in einem Familienunternehmen der Seiden- und Kunstseidenweberei in Italien tatig.

In seiner Mussezeit widmete sich Walter Bodmer geschichtlichen Studien und schuf sich als Autodidakt das notwendige wissenschaftliche Rüstzeug für seine geschichtliche Forschungsarbeit, der er sich zunächst wehrend der Ferien widmete. Seine erste geschichtliche Arbeit wurde im Jahre 1930 in Strassburg im Elsass in französischer Sprache veröffentlicht und behandelte die schweizerische Einwanderung in die während des Dreissigjährigen Krieges verwüstete ehemalige elsässische Grafschaft Hanau-Lichtenberg im 17 Jahrhundert. Auf diese schweizerische Einwanderung ins Elsass hatte ihn sein Schwiegervater, Pfarrer Jean Simon, aufmerksam gemacht. Gleich diese erste Arbeit wurde von Historikern vom Fach als ausgezeichnet beurteilt.

Beruflich war Walter Bodmer weiter in der Textilindustrie in Italien, später für küzere Zeit wieder in einer Färberei tätig. Im Jahre 1942 kehrte er in die Schweiz zurück und zog später auch seine Familie nach, als die Zustände in Norditalien, wo er ein Haus in Cernobbio bei Como erworben hatte, unhaltbar wurden.

In der Schweiz widmete er sich weiterhin historischen Forschungen. Daneben war er einige Zeit in "Heer und Haus" als dreisprachiger Korrespondent tätig und fand von dort aus nach einiger Zeit eine Stellung als Sekretär in dem eben gegründeten Schweizerischen Tropeninstitut in Basel. In dieser Stellung konnte er neben seinen sprachlichen, organisatorischen, wirtschaftlichen und geographischen Kenntnissen auch sein Wissen über die Entwicklung der Gebiete in Uebersee verwenden. Daneben veröffentlichte er einige Arbeiten über die schweizerische Auswanderung nach Uebersee und über einzelne Aspekte der schweizerischen Wirtschaftsgeschichte. Er hielt auch Vorlesungen über Probleme der Geschichte der überseeischen Gebiete.

Seit 1953 wandte er sich dann ausschliesslich der Erforschung der schweizerischen Wirtschaftsgeschichte zu. Er war auch Experte für die Beurteilung von Dissertationen über Themen auf diesem Gebiete, die unter der Leitung von Prof. Max Silberschmidt an der Universität Zürich verfasst wurden.

Der Beweggrund, der Walter Bodmer immer wieder zu neuen Nachforschungen über die politische und insbesondere die wirtschaftliche Vergangenheit der schweizerischen Eidgenossenschaft oder von Teilen derselben, ja von einzelnen Orten und Erscheinungen trieb, war keineswegs wissenschaftlicher Ehrgeiz. Er hat es stets abgelehnt, eine akademische Laufbahn zu ergreifen, trotz wiederholter Aufmunterung dazu seitens seiner Freunde und Bekannten. - Vielmehr war es der Drang, sich aufgrund von Archivdokumenten Klarheit insbesondere über die wirtschaftlichen Verhältnisse in früheren Jahrhunderten zu verschaffen, der ihn zu Nachforschungen veranlasste. Diese Neugierde empfand er aber nur für die Vergangenheit, nicht für das Leben und Treiben seiner Zeitgenossen. Er betrachtete seine Forschungen auch nie als ethisch verdienstlich, freute sich aber, als er 1962 von der Universität Bern, von der er seinen ersten Doktortitel erhalten hatte, mit dem "doctor honoris causa" für seine bisher veröffentlichten Arbeiten geehrt wurde, zu denen auch eine schweizerische Industriegeschichte gehörte. Er empfand diese Ehrung als eine Aufmunterung, mit seinen Forschungen fortzufahren, was er auch tat.

Auch in religöser Hinsicht war Walter Bodmer stets ein Suchender, der sich seiner eigenen Unvollkommenheit durchaus bewusst war. Er gab sich anderseits Rechenschaft über die geringe Bedeutung des einzelnen Menschen, ja der Menschheit überhaupt angesichts der Weite des Universums mit seinen unendlichen Räumen und seinen Milliarden von Galaxien, die je Milliarden von Sternen enthalten, deren Licht wir zu sehen vermögen. Die Grossartigkeit der Schöpfung beeindruckte ihn tief. Sie schien ihm die Allmacht und unendliche Grosse Gottes zu offenbaren. Den Schlüssel zu seiner Beziehung zur Menschheit und zum einzelnen Menschen gab ihm jedoch die Bibel, insbesondere das Neue Testament, und in diesem wiederum das gedanklich tiefste Evangelium, dasjenige des Johannes und die Paulus- Briefe.

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