Schwalbenhotel im Grossstein

Aus Ottenbach
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Ottebächler Nr. 142 September 2007

Der Bauernhof Grossstein der Familie Nyfeler, Ottenbach. 2.1.2010

Auf dem Bauernhof Grossstein an der Isenbergstrasse bei Rosmarie und Hansueli Nyfeler sind die Rauchschwalben gern gesehene Gäste. Seit sie sich erinnern können, nisten Rauchschwalben jedes Jahr in ihren Ställen und Scheunen. In diesem Jahr sind es fünf Schwalbenfamilien.

Was die eleganten Flieger mit der stahlblauen Oberseite, der rostroten Kehle und den langen Schwanzspiessen brauchen, ist ein Stall mit Balken oder sonstigen Möglichkeiten zum Nisten, direkt unter der Decke und viele Fliegen. Auch künstliche Nisthilfen werden angenommen. Von März bis August muss eine Einflugmöglichkeit zum Nest bestehen. Hat ein noch unbeweibtes Männchen einen passablen Platz gefunden, so muss es seinen Fund publik machen. Es zieht deshalb heftig zwitschernd vor dem Haus Kreise und wartet, bis ein Weibchen auf ihn aufmerksam wird und ihm ins Nest folgt. Nun kann das Paar sein Nest anfertigen oder das letztjährigen ausbessern. Aus über tausend Erdklümpchen, gemischt mit Speichel und Grashalmen, wird das nach oben offene Nest bis knapp unter die Decke aufgebaut. So ist die Brut vor Nesträubern geschützt.

Die Rauchschwalbe sitzt knapp 70 cm über der Kuh Modul

Das fotografierte Nest im Stall im Grossstein befindet sich kaum einen Meter über dem Rücken einer friedlich kauenden Kuh mit dem schönen Namen Maudul. Nach dem Ausschlüpfen wiegt ein Schwalbenjunges kaum 1,6 Gramm, nach zwei Wochen bereits das 14fache! Das zeigt, was das Elternpaar an Nahrung anfliegen muss. Rauchschwalben fressen und verfüttern ausschliesslich Insekten bis zur Grösse einer Honigbiene. Schätzungsweise 120'000 Insekten sind für eine Aufzucht von 4 bis 6 Jungen nötig! Die jungen Vögel brauchen viel Reservespeck für die Zeit nach dem Ausfliegen. Während der ersten Zeit des Freifluges werden sie allerdings noch von den Eltern versorgt.

Die Jungvögel müssen jetzt vor allem Fertigkeit und Übung im Fliegen gewinnen. Rauchschwalben jagen, trinken und baden (durch kurze Aufsetzer) im Flug.

Rauchschwalben bevorzugen bäuerlich geprägte Gebiete mit vielen Kleinstrukturen. Hier finden sie im Umkreis von 300 Metern genug Insekten. Bei schlechtem Wetter müssen sie ihre Nahrungsflüge ausdehnen. Offene Wasserflächen, Hecken, Hochstammobstgärten, Brachen, Magerwiesen, Misthaufen und das Stallinnere bieten auch bei Regen gute Jagdgründe.

5-facher Nachwuchs im Stall von Nyfeler's!

Die Rauchschwalben leben in enger Gemeinschaft mit den Menschen und gelten noch heute als Glücksbringer. Hansueli Nyfeler geht im Stall seiner Arbeit nach, ohne dass sich die Schwalben daran stören. Mit grossem Tempo sausen die Vögel durchs offene Fenster, haarscharf an seinem Kopf vorbei zum Nest, um die 5 Jungen zu füttern. Eine junge Rauchschwalbe wird pro Tag 100- 300 Mal gefüttert! Um die hohe Sterblichkeit der Jungvögel auszugleichen, braucht es im Schnitt 6 flügge Junge pro Elternpaar. Denn von 5 flüggen Jungen überleben nur 1-2 Vögel das erste Lebensjahr.

Ende August, Anfang September sammeln sich die Schwalben und ziehen ins südliche Afrika. Rosmarie und Hansueli Nyfeler zählten am Mittwoch, 15. August 2007, 33 Rauchschwalben auf der elektrischen Freileitung vor dem Haus. Schwalben sind sehr ortstreu. Wer den Winter in Afrika überlebt, kehrt zum letztjährigen Brutort zurück. Doch nur knapp die Hälfte der Eltern schafft den Zug nach Afrika und zurück! Wir wünschen ihnen einen guten Flug und hoffentlich eine gute Rückkehr in den gastlichen Grossstein!

Peter Eichhorn KNL

Quellen: Tiere auf Wohnungssuche, Pro Natur- Buch, Schweizerische Vogelwarte Sempach.

Fotos: Peter Eichhorn

Internet: http.//infonet.vogelwarte.ch > Nisthilfen für Rauchschwalben. Enthält Angaben über die Förderung von spontanen Ansiedlungen, Schwalben und Stallhygiene, Gefahren am Brutplatz (z.B. Fliegenbekämpfung, Raumreinigung mit Hochdruck, Wandanstriche usw.)

Nachtrag 1

Im letzten Ottebächler ist ein Artikel über «Nisthilfen» erschienen. Die vorgesehene Vorstellung des Autors und des NVBA ist aus Versehen nicht angefügt worden. Das sei hiermit nachgeholt. PE

Der Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Bezirk Affoltern (NVBA), Andi Gürtler, hielt an der Herbsttagung des Schweizerischen Vogelschutzes, SVS, ein Referat über Nisthilfen von Schwalben. Das Referat erschien auch im Vereinsorgan des NVBA, «De Brachvogel», Mai 2007. Seine Ausführungen sind sicher auch für die «Ottebächler» Leserinnen und Leser von Interesse.

Der Natur- und Vogelschutzverein Bezirk Affoltern (NVBA) ist eine sehr aktive Gruppierung und hat ein weites Einsatzspektrum: Exkursionen, Betreuung von Spyren-, Schwalben-, Schleiereulen- und Fledermauskästen, Förderung von bedrohten Vogelarten, Bekämpfung von Problempflanzen, Gebietspflege, Heckenpflanzungen, Hochstammförderung, Beratung für Private, Gemeinden und Behörden. Der NVBA besitzt an der Giessenstrasse 18 in Affoltern ein eigenes Vereinshaus. www.nvba.ch

Nachtrag 2

Jungschwalbe fliegt mehr als 10'000 Kilometer

Eine in Finnland geborene Jungrauchschwalbe hat noch vor ihrer Mauser die Strecke bis zur Südspitze Afrikas zurückgelegt. Der Zugvogel fiel südafrikanischen Ornitologen in Mount Moreland (bei Durban) bei einer Beringungsaktion auf. Er hatte bereits einen Ring, auf dem "Finland" eingraviert war. "Die Jungschwalbe ist warscheinlich im Juni in Finnland ausgeschlüpft; sie wiegt 17 Gramm und dürfte im April zurück nach Europa fliegen", meint Hilary Vickers, die die Beringungsaktion leitete. (SDA) Tagesanzeiger 23.12.2008


Schwalben helfen > Nisthilfe für Schwalben?

Zu Vogelwarte Sempach > http://Vogelwarte.ch

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