Problempflanzen

Aus Ottenbach
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Ottebächler Nr. 135 Juli 2006

Im Fachjargon werden sie invasive Neophyten genannt, was soviel wie sich stark verbreitende neue Pflanzen bedeutet. Per Definition sind mit Neophyten alle Pflanzen gemeint, die nach der Entdeckung Amerikas 1492 vom Menschen in neue Gebiete eingeführt wurden. Meist ist uns gar nicht bewusst, dass wir es mit im Grunde fremden Pflanzen zu tun haben, wenn wir einkaufen oder schön blühende Blumen betrachten. So werden z.B. die Kartoffel, der Kürbis und der Mais auch als Neophyten bezeichnet, die in unserer Wahrnehmung vom Menschen scheinbar seit jeher angebaut wurden. Doch diese Pflanzen sind ohne die Hilfe des Menschen in unseren Breitengraden nicht überlebensfähig. Sie fallen demnach nicht unter die Problempflanzen.

Neophyten werden erst zu Problempflanzen, wenn sie invasiv sind. Das meint Pflanzenarten, die sich in Gebieten, die sie nicht auf natürliche Weise erreicht haben, stark vermehren und ausbreiten. Bei den 3000 Pflanzenarten, die bei uns in der Schweiz vorkommen, sind 11% Neophyten und davon wiederum 3% sich invasiv verhaltende Pflanzen.

Was zeichnet die invasiven Neophyten aus und warum schaffen sie Probleme?

Invasive Neophyten besitzen keine natürlichen Feinde. Sie weisen meist eine grosse Reproduktionsrate auf. Sie können sich sowohl sexuell über Samen als auch vegetativ über unterirdisch sich ausbreitende Wurzeln vermehren. Sie stammen zudem aus den unterschiedlichsten Verwandtschaften und haben unterschiedliche Lebensformen und Ausbreitungsstrategien.

Was die Neophyten allgemein auch noch auszeichnet, ist die kaum zu machende Vorhersage, ob sie sich invasiv verhalten werden oder nicht. Es gibt die typische Problempflanze nicht. Und die Pflanzen, die uns heute Sorgen bereiten, wurden erst ab den 1950er Jahren zur Gefahr für die einheimische Flora, obwohl die Pflanzen schon hunderte von Jahren in botanischen und privaten Gärten schlummerten.

Grob gesagt, verdrängen sie die einheimische Flora in Flächen, die der Mensch kaum bewirtschaftet und pflegt. Damit sind Naturschutzgebiete, Brachen, Fluss- und Bachläufe, Autobahn- und Eisenbahnböschungen gemeint. Da sie keine natürlichen Feinde besitzen, wachsen sie ausser Konkurrenz und verdrängen durch Beschatten angestammte Pflanzengemeinschaften. Zusätzlich sind einzelne Arten so kräftig, dass sie gewisse Infrastrukturen mit ihrem Wurzelwerk zerstören können. Für die Gesundheit der Menschen sind zurzeit zwei Arten bedenklich.

Der Riesenbärenklau mit seiner photo- toxischen Wirkung, der bei Berührung und gleichzeitiger oder nachfolgender direkter Sonneneinstrahlung zu unangenehmen Hautentzündungen mit so starker Blasenbildung führt, dass Narben zurückbleiben können.

Riesenbärenklau. Alle Problempflanzenfotos unter >http://www.neophyt.ch/

Die andere für die Gesundheit des Menschen beeinträchtigende Pflanze ist die Aufrechte Ambrosie, deren sehr allergene Pollen Symptome ähnlich der Gräserallergie verursachen können.

Auswahl an invasiven Neophyten in heimischen Gärten:

Schmetterlingsstrauch oder Sommerflieder

Er kann dichte Bestände bilden, welche die einheimische Vegetation verdrängen. Als Pionierstrauch besiedelt er gerne Kiesbänke und offene Flächen und verhindert das Aufkommen von einheimischen Kräutern, Sträuchern und Bäumen dieser Pionierstandorte. Einmal etabliert, wird er leicht dominant und breitet sich rasch durch unterirdische Ausläufer, sowie mit bis zu 3 Millionen Samen pro Pflanze mit dem Wind über weite Distanzen aus.

Und der Irrtum vieler Liebhaberinnen von Schmetterlingen ist, dass der Sommerflieder zwar eine Menge Schmetterlinge anlockt, diese sind jedoch nicht auf dessen Nektar angewiesen. Als Futterpflanze für Raupen ist er bedeutungslos.

Tipp: Um den Schmetterlingen und anderen Insekten im Garten einen reichen Tisch an Nektar darbieten zu können, pflanzen sie einheimische Wildsträucher und Blütenpflanzen. Unter www.pronatura.ch lassen sich Broschüren über nützliche Wildpflanzen bestellen.

Die Kanadische und Spätblühende Goldrute

Die beiden aus Nordamerika stammenden Pflanzen wurden bereits 1648 bzw. 1758 als Zierpflanzen in Europa eingeführt. Auswilderungen werden in Mitteleuropa erstmals um 1850 beschrieben. Seit ca. 1950 erfolgt eine explosionsartige Ausbreitung, die noch nicht abgeschlossen sein dürfte. Goldruten sind mittlerweile auf vielen Flächen unterhalb 900 m ü.M. verbreitet, die nicht oder nur extensiv genutzt werden. Dies sind z.B. Brachen aller Art, Gärten, Kiesgruben, Strassen- und Bahnböschungen, Weg- und Waldränder, Ried- und Magerwiesen. Die Spätblühende Goldrute bevorzugt eher feuchtere, die Kanadische eher trockenere Standorte. Um diese noch anhaltende Verbreitung zu stoppen, wäre es sinnvoll die Goldrute trotz ihrer schönen Blütenpracht aus dem Garten zu entfernen und durch eine einheimische Futter- oder Nektarpflanze für Schmetterlinge zu ersetzen.

Aufrechte Ambrosie

Aus Nordamerika eingeschlepptes leicht verwilderndes Kraut, dessen Blütenstaub starke Allergien auslösen kann. Bei weiterer Ausbreitung eine grosse Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung. Die Pflanze verbreitet sich invasiv.

Durch den Menschen verursachte Verbreitung:

• über Vogelfutter in die Haus- und Familiengärten

• entlang von Verkehrswegen

• durch Erdtransporte

• durch Bodenbearbeitungsmaschinen

Zudem besitzt sie ein starkes Ausbreitungspotential. Eine einzelne Pflanze bildet ca. 3'000 Samen, die im Boden bis zu 40 Jahre keimfähig bleiben können.

Für alle Interessierten empfehle ich die Merkblätter der Fachstelle Naturschutz des Kt. Zürich: www.naturschutz.zh.ch.

David Stutz, Ottenbach.

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Alles über Problempflanzen/Neophyten in der Schweiz > http://www.neophyt.ch/ (Aktualisiert 2020)

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