Nisthilfe für Schwalben?

Aus Ottenbach
Zur Navigation springenZur Suche springen
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.

Ottebächler Nr. 141 Juli 2007

An der Herbsttagung des Schweizer Vogel Schutz (SVS) hielt der Präsident des Natur- und Vogelschutzverein des Bezirkes Affoltern (NVBA) Andi Gürtler, ein Referat über Nisthilfen von Schwalben, weil unser Verein in dieser Beziehung schon sehr lange aktiv ist und darum vielfältige Erfahrungen gemacht hat. Seine Ausführungen zum Thema sind auch für Vereinsmitglieder von Interesse, weshalb wir hier den Text zum Vortrag veröffentlichen.

Warum leben Schwalben im Dorf?

Junge Rauchschwalben im Viehstall des Bauernhofes Grossstein, Ottenbach 12.8.2007

Seit langem lebten und leben Schwalben im Dorf. Sie fanden dort als Kulturfolger alles, was sie zum Leben nötig hatten: Nahrung, Nistplätze und Baumaterial für ihre Nester. Im Zuge von Meliorationen und Siedlungsentwicklung zogen die Landwirte aus den Dörfern in Hofsiedlungen, die zum Teil weit ausserhalb der Dörfer zu liegen kamen. Darum fehlten in den letzten Jahren mehr und mehr die Rauchschwalben in den Dörfern. Die Mehlschwalben hingegen konnten sich länger halten, weil sie nicht in Ställen, sondern an Hauswänden und Giebeln nisten. Solange sie in der Nähe Nistmaterial und Futter finden, können sie im Dorf leben. Leider mussten wir feststellen, dass die Schwalbenbestände mehr und mehr zurückgingen. Die Ursache ist nicht eindeutig zu klären. Schon vor Jahrzehnten engagierten sich Mitglieder unseres Vereins für die Nisthilfen für Schwalben und halfen Landwirten, an geeigneten Stellen künstliche Nester aufzuhängen. Diese waren interessiert, weil sie einerseits die Schwalben als Bereicherung be-trachteten und andererseits froh waren, dass die Insektenfresser die Fliegen- und Mückenplage in Grenzen hielten. Im Gebiet unseres Vereins befinden sich heute rund 1800 Schwalben-Nisthilfen, davon ¾ Mehlschwalben und ¼ Rauchschwalben sowie eine Uferschwalbenkolonie.

Nisthilfen beim NVBA

Im Jahr 2003 befasste sich der Vorstand intensiv mit der Frage der Nisthilfen und entwickelte ein Konzept, das helfen sollte, die Stossrichtung zu bestimmen und Lösungen für die zunehmend verwaisten Nisthöhlenreviere zu finden. Dabei berücksichtigte der Vorstand die vorhandenen personellen Ressourcen und überlegte sich, welche Arten besonders förderungswürdig seien. Er vertritt nach wie vor die Meinung, dass NistkastenbetreuerInnen aktiv sein sollen, wenn sie an der Sache Freude haben. Nisthilfen werden zu einem überwiegenden Teil von Meisen besetzt. Daneben gibt es aber viele Arten wie Kleinsäuger (Fledermäuse, Siebenschläfer) und Insekten, welche die Kästen nutzen. Die aktuellste Statistik aus dem Jahr 2006 weist bei einem Bestand von 302 kontrollierten Nisthilfen deren 204 als von Meisen besetzt aus. Die zweithäufigste Art sind Kleiber in 31 Kästen. Insekten und Säuger wurden in 13 Kästen gefunden. Die im "Brachvogel" vom Februar veröffentlichte Seglerstatistik weist bei einem Gesamtbestand von 322 Nisthilfen eine Belegung von 178 aus. Schleiereulenkästen werden von Paul Harr betreut. Er meldet von 51 Kästen deren 21 als besetzt.

Warum sind Nisthilfen für Schwalben nötig und sinnvoll?

Schwalben sind auf Landwirtschaftsbetriebe mit Tierhaltung angewiesen, weil sie dort alles finden, was sie zum Leben und für die Jungenaufzucht brauchen. Wegen des Strukturwandels in der Landwirtschaft gibt es immer weniger Bauernhöfe und vor allem sind sie kaum mehr mitten in den Dörfern zu finden. Dazu fehlt den Schwalben wegen der zunehmenden Versiegelung der Bodenoberflächen wie Vorplätze und Feldstrassen das nötige Nistmaterial: Tonige, lehmige Erde, die sie mit ihrem Speichel zu steinharten Nestern aufbauen. Die Nisthilfen für Schwalben sind auch deshalb sinnvoll, weil sie leicht zu beobachten und als Kulturfolger sehr bekannt sind und schliesslich weil sie als sympathisch und nützlich empfunden werden. Die Vögel eignen sich gut, um auch Menschen, die nicht viel mit Natur zu tun haben, für diese zu sensibilisieren – ein wichtiges Ziel unserer Naturschutzarbeit.

Daneben gilt es vor allem, die Lebensräume der Schwalben aufzuwerten. Nisthilfen sind nur die zweitbeste Lösung. Wenn Schwalben in ihrem Lebensraum die nötigen Bedingungen vorfinden, brauchen sie keine künstlichen Nisthilfen. Es geht darum, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen, dass die Vögel ihre Nester selbst bauen können: Hilfen für die Befestigung der Nester, Pfützen und nicht versiegelte Feldwege.

Geeignete Standorte für Nisthilfen sind Landwirtschaftsbetriebe mit Milchkühen, Rindern oder Pferden, private Pferdehaltungen, auch mit wenigen Pferden. Mehlschwalbennisthilfen können ausnahmsweise auch an Gebäuden ohne Tiere in Gewässernähe angebracht werden. Bei der Montage von Nisthilfen ist unbedingt auf Problempunkte zu achten. Als Insektenfresser produzieren Schwalben viel Kot. Abhilfe können Kotbretter schaffen, welche nicht zu nah unterhalb der Nester angebracht werden. Ballenstapel oder Abstellen von Traktor oder Maschinen unter den Neststandorten können Marder und Katzen Zugang zu den Nestern ermöglichen. Chemische Fliegenbekämpfung in Ställen kann für die Schwalben tödliche Folgen haben.

Welcher Unterhalt ist für Schwalbennester nötig?

Früher wurden die alten Nester von den Landwirten oft belassen, worauf sie im folgenden Jahr von den Schwalben wieder benutzt wurden. Dies hatte zur Folge, dass die Bruten von Parasiten befallen und geschwächt wurden. Dort, wo die Nester heruntergerissen wurden oder herunterfielen, war dies kein Problem, denn die Schwalben bauten einfach neue Nester.

Künstliche Schwalbennester müssen alle zwei Jahre ausgeräumt werden, einerseits wegen der Parasiten und auch wegen Kot und toten Jungvögeln, die sich in den Nestern befinden. Viele Landwirte sind bereit und willens, die Reinigung ihrer Nisthilfen selber zu übernehmen und sind froh, wenn wir ihnen sagen, wie und wie oft sie das tun müssen. Die registrierten Nisthilfen, welche nicht von Privaten gereinigt werden, werden durch Vereinsmitglieder des NVBA betreut. Diese Arbeit wird an Arbeitstagen mit der angemieteten Hebebühne besorgt, wo erfahrene Leute mit Spachtel und Pinsel die Nester reinigen. Die Mehlschwalbennester müssen demontiert werden, weil sie fast ganz geschlossen sind. Bewährt hat sich hier die Montage der Nester auf Bretter, welche abgehängt werden können. Diese Arbeiten sind nicht ganz einfach, denn die Tätigkeit auf Leitern in Höhen über 5m und der Einsatz und die Bedienung der Hebebühne erfordern Erfahrung und Geschick.

Schlussgedanken

Nisthilfen sind in erster Linie für die Menschen da, direkt als Aufgabe für die Betreuer, indirekt zur Erhaltung eines Kulturgutes. Die Natur braucht keine Nisthilfen, sie passt sich einfach veränderten Gegebenheiten an.

Das Anbringen und Unterhalten von Nisthilfen ist darum nur dann sinnvoll, wenn sich Menschen finden, die diese Arbeiten mit Freude machen und nicht aus Pflichtbewusstsein oder schlechtem Gewissen. Bei den Schwalben wie auch bei den Seglern finden sich wohl eher Leute, die diese Arbeiten mit Freude machen.

Zudem ergeben sich auch gute Möglichkeiten zu Kontakten mit den Landwirten und damit Chancen, sie zu einer naturnäheren Bewirtschaftung des Kulturlandes zu bewegen.

Natur- und Vogelschutzverein des Bezirkes Affoltern (NVBA) Andi Gürtler


Bildlegende:

- Hebebühneneinsatz beim Reinigen von Mehlschwalbennisthilfen. (Foto: A. Zemp)

Schwalben in Naturnest (Foto: F. Czerny)


Schwalbenhotel bei Nyfeler's in Ottenbach > Schwalbenhotel im Grossstein

Zu Vogelwarte Sempach > http://Vogelwarte.ch

Zurück zu < Naturberichte und Geschichten 1

Zurück zur > Hauptseite