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Christian Müller, KNL
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Literatur:  
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'''Keiljungfer und Knabenkraut'''; Stiftung Reusstal, Im Zieglerhaus, Rottenschwil, zu beziehen zum Preis von Fr. 8.-
'''Keiljungfer und Knabenkraut. Die Natur- und Kulturlandschaft Reusstal.'''


Die Informationsseite über das Reusstal > http://www.stiftung-reusstal.ch/
Farbige Broschüre Format A5, 96 Seiten.  Stiftung Reusstal, Im Zieglerhaus, Rottenschwil, zu beziehen zum Preis von Fr. 8.-  


'''Die Informationsseite über das Reusstal''' > http://www.stiftung-reusstal.ch/


'''Weitere Informationen über die Reuss von der Quelle bis zur Mündung''' >  [[Ottenbach - Dorf an der Reuss]]


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Aktualisiert 2015]

Version vom 2. April 2015, 15:53 Uhr

Ottebächler Nr. 144 Januar 2008

Reusshochwasser

Die enormen Überschwemmungen erst im Jahre 2005 und nun bereits wieder im 2007 hinterliessen viele Spuren, auch an Naturschutzflächen auf Gemeindegebiet – vorab im Flachmoor Bibelaas.

Dies veranlasste die KNL, im Rahmen ihres Auftrages für Öffentlichkeitsarbeit darüber am 21. November 2007 im Gemeindesaal Ottenbach einen Vortrag zu organisieren.

Als Referent konnte Josef Fischer, Geschäftsführer der Stiftung Reusstal gewonnen werden. Dank seiner Tätigkeit am Naturschutzstützpunkt Zieglerhaus in Rottenschwil kennt Josef Fischer das Reusstal wie kaum ein Zweiter. Doch nicht nur das, er wusste sein reiches Wissen auch packend zu vermitteln und mit seinen vielen schönen Bilder zu veranschaulichen.

Für jene unter uns, die die gut besuchte Veranstaltung nicht miterleben konnten, folgt eine kurze Zusammenfassung dieses bemerkenswerten Vortrages.

Die Bedeutung der Reussebene

Einleitend vermittelte uns Josef Fischer anhand von Grafiken und Tabellen Wissenswertes über unseren Lebensraum, die Reussebene. Sie ist eine der vielfältigsten und besterhaltenen Flusslandschaften des schweizerischen Mittellandes und wurde 1977 ins vom Bundesrat genehmigte Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgenommen.

Als sich der Reussgletscher, der sich vor 15000 bis 12000 Jahren bis unterhalb Mellingen erstreckte, mit dem Ende der Würm- Eiszeit zurückzog, hinterliess er einen grossen See, den Reusstalsee. Er erstreckte sich von Bremgarten, wo der Gletscher Endmoränen hinterliess und die Reuss aufstaute, bis in den Raum Zug. Die geschiebereiche kleine Emme sorgte aber dafür, dass er – im Gegensatz zum gleichaltrigen Baldegger- und Sempachersee - verlandete. Es entstand ein stark mäandrierender Fluss und eine grosse Schwemmebene, reich an Auenwäldern.

Erste Hochwasserverbauungen und Naturschutzgebiete

Lange Zeit blieb das Flusstal unbewohnbar, erst am Ende des Mittelalters wurde mit der Begradigung einzelner Flussschlingen begonnen. Ein erster Hochwasserdamm entstand um 1860. Nach einem Jahrhundert-Hochwasser 1953 wurde die Reusstalsanierung beschlossen und zwischen 1970 und 1990 realisiert. Die Hochwasserdämme wurden erneuert und vergrössert, das dahinter gelegene Landwirtschaftsland mit ausgedehnten Entwässerungskanälen und Pumpstationen trocken gelegt und oberhalb Bremgarten ein Flusskraftwerk gebaut. Auch der Naturschutzgedanke fand bei dieser Sanierung Platz und wurde im oben erwähnten BLN und im Reusstalgesetz verankert.

Heute zeichnet sich das Reusstal durch eine hohe Dichte an Naturschutzgebieten aus. Deren Gesamtfläche beträgt im Raum Bremgarten – Mühlau auf Aargauischem, Zürcherischem und Zuger Boden ca. 4.8 km2. Dem gegenüber steht aber, dass bei der Reusstalsanierung 2 km2 Feuchtgebiete zu Landwirtschaftsboden geworden sind. Die Gesamtfläche der Reussebene wird mit 30 km2 angegeben.

Unter den Naturschutzgebieten sind speziell zu erwähnen die Auenwälder beim Flachsee und an der Stillen Reuss bei Rottenschwil sowie entlang dem Fluss bis Obfelden – Lorzenspitz, dann die einzige Moorlandschaft Maschwanden – Hünenberg und das Zug- und Wasservogelreservat Flachsee. Daneben gibt es Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung. Hier erwähnte Josef Fischer ein Gewässer, wo die selten gewordene Kreuzkröte heimisch ist.

Im speziellen Teil wurde auf die Hochwasser und deren Auswirkungen auf die Naturschutzflächen eingegangen:

Woher kommt eigentlich das viele Wasser?

Die Antwort ist aus der Statistik der Pegelstände der verschiedenen Reusszuflüsse ersichtlich, die sogar im Internet abrufbar sind. Josef Fischer hatte dazu einige interessante Zahlen herausgepickt. Die Reuss führt im Mittelwert auf Höhe der Messstation Melligen 493m3/s (493'000 Liter Wasser pro Sekunde). Hochwasser von mehr als 700m3/s wurden erstmals um 1980 verzeichnet. Seither ist diese Limite bereits 4 x überschritten worden! Eindrückliche Zahlen erhält man beim Vergleichen der Minimalabflüsse mit den Spitzenwerten: In Luzern, wo der Vierwaldstädtersee als Puffer dient, fliesst zu Spitzenzeiten das 25fache, die kleine Emme bringt aber 500x mehr Wasser! Im Jahre 2005 betrug der Spitzenwert 650m3/s bei einem Jahresmittel von 15,8m3/s und einem Minimalabfluss von 1,3m3/s.

Natürlich kann ich hier die vielen schönen Bilder nicht wiedergeben, die anschliessend an die einleitende Dokumentation gezeigt wurden, aber eindrücklich waren sie schon: Luftaufnahmen von riesigen Wasserflächen, bei denen die Orientierung gar nicht mehr leicht war. Das Hochwasser im Jahr 2005 brachte zum Beispiel im Gebiet Reussegg bei Sins bis zu 1m hoch Sand mit, füllte die Mulden bei der Kläranlage mit Sand auf und hinterliess auf grossen Flächen Schlick mit einer Mächtigkeit von 30-50cm. Insgesamt schätzt Josef Fischer das Ausmass der Ablagerungen auf Aargauer Gebiet im Jahr 2005 gegen 100’000m3.

Unter einer derart hohen Aufschwemmung kann die zugedeckte Vegetation nicht mehr durchdringen. Im Kanton Aargau wurden daher Versuche gemacht und an verschiedenen Stellen schwere Baumaschinen eingesetzt, um wertvolle Flächen zu erhalten. Bulldozer schoben den Sand zu Seite und anschliessend wurden die Flächen mit der Egge geebnet. Dank dieser Massnahmen haben das Pfeifengras und einige Orchideen überlebt. An gewissen Stellen sind massenhaft Silberweiden aufgekommen. Generell wirkten aber die Flächen üppiger als sonst, wie gedüngt. Es gab Massenauftreten von Pilzen (Becherpilze) aber auch von Ackerunkräutern und den so genannten Neophyten, Problempflanzen wie der Goldrute oder dem drüsigen Springkraut.

Um ein Überhandnehmen der schnellwüchsigen Pionierpflanzen zu verhindern, mussten diese Flächen früher und häufiger geschnitten und das Material weggeführt werden. In den Stehgewässern führte der Nährstoffeintrag zu starkem Algenwachstum. Nach 2 Jahren nimmt es von selber wieder ab.

Pflanzen wie der deutsche Enzian, die schon vor den Überschwemmungen selten anzutreffen waren, sind nun wohl ganz verschwunden. Auch der Skabiosenscheckenfalter ist seltener geworden, denn als Raupe ist er auf den Teufelsabbiss (Succisa pratensis) als Futterpflanze angewiesen, die ihrerseits unter den Auswirkungen der Überschwemmungen gelitten hat. Es wird Jahre dauern, bis sich die empfindlichen Lebensgemeinschaften wieder erholt haben.

Zusammengefasst stellen sich uns im Zusammenhang mit den Überschwemmungen folgende schwierig zu meisternde Probleme:

- Jedes Hochwasser bringt eine grosse Menge Nährstoffe (Schlamm und ausgeschwemmter Dünger aus anliegenden landwirtschaftlichen Kulturen) in die Magerflächen. Es sind diese mageren Flächen mit ihrem hohen ökologischen Wert, die unter Schutz stehen. Sie weisen dank dem fehlenden Druck durch schnellwüchsige und unempfindliche Pflanzen eine grosse Artenvielfalt auf

- Die naturnahen Flächen sind vom Fluss und dessen verändernden Kraft abgeschnitten.

Wo der Fluss in frühesten Zeiten laufend Geschiebe brachte und es andernorts durch Erosion wieder abtrug, bleibt nur noch die Ablagerung durch periodische Überschwemmungen. Seine gestalterische Energie muss mit grossem Aufwand mit Baumaschinen nachgeahmt werden.

- Die immer häufiger werdenden Hochwasser als Folge der sich abzeichnenden Klimaveränderungen werfen neue Fragen zum Hochwasserschutz auf. Die Diskussionen dazu sind eröffnet. Sollen definierte Flächen bei Hochwasser gezielt geflutet werden, um flussabwärts gelegene Siedlungsgebiete zu entlasten?

- Können unter diesen Umständen die ursprünglichen Flachmoorlebensgemeinschaften erhalten werden? Oder muss der Naturschutz radikal umdenken und die Umwandlung in Auenwälder ins Auge fassen? Das Beispiel der Silberweiden, die andernorts rar werden, könnte dafür sprechen.

Es ist anzunehmen, dass noch viel zu diesem Thema gesagt und geschrieben werden wird.

Christian Müller, KNL


Literatur:

Keiljungfer und Knabenkraut. Die Natur- und Kulturlandschaft Reusstal.

Farbige Broschüre Format A5, 96 Seiten. Stiftung Reusstal, Im Zieglerhaus, Rottenschwil, zu beziehen zum Preis von Fr. 8.-

Die Informationsseite über das Reusstal > http://www.stiftung-reusstal.ch/

Weitere Informationen über die Reuss von der Quelle bis zur Mündung > Ottenbach - Dorf an der Reuss

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