Geschützte Linde gefällt!

Aus Ottenbach
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Geschützte Linde gefällt !

Ottebächler Nr. 106 September 2001

Der unberechenbare, aufbrausende Geselle Lothar hatte am Stephanstag, 25. Dezember 1999, keinen Respekt vor der Linde am Weg zum Ottencher/ Joner Schützenhaus. Der, in seinen bald 30 Lebensjahren zu einem stattli-chen Baum herangewachsene Schattenspender, wurde mit Sturmesgewalt zur Seite gekippt. Der grosse Wurzelteller ragte trostlos in die Höhe. Die mitgekippte Sitzbank befand sich in ungewohnter Rückenlage. Ein trauriges Bild!

Warum stand hier überhaupt eine Linde?

Die Linde bekam ihren Standort im Rahmen der Güterzusammenlegung 1966- 78. Die vielen kleinen Parzellen wurden zu grossen, besser zu bewirt-schaftenden Landstücken zusammengelegt. Neue Flurstrassen mussten gebaut werden, alte, «krumme» Wege verschwanden. So auch in der «Lue-geten». Der alte Weg führte zu der jetzt noch bestehenden Obstbaumgrup-pe etwas oberhalb des heutigen Standortes. Auch ein Bänklein lud zum Sitzen ein. Die «Luegete» (mundartl. Aussicht) ist bei klarem Wetter ein-drucksvoll: Der Lindenberg mit vielen Kirchen und Dörfern, der Pilatus und links davon die Berner Alpen, das Stanserhorn, die Rigi und viele ungezählte Alpengipfel zeigen sich in ihrer ganzen Pracht. Im Nord-Westen liegt unser Nachbardorf Jonen. Der nahe Bauernhof auf Joner Boden heisst ebenfalls «Luegeten» (wie auch der neue Bauernhof der Familie Jürg Schneebeli, Richtung Schützenhaus).

Ein «aussichtsreicher» Entschluss

Als Ersatz für die nicht mehr zugängliche «Luegete» beschloss die Meliora-tions-kommission 1978, bei der Wegabzweigung unterhalb, einen Platz für einen Baum und eine Bank offen zu lassen. Die Linde spendierte die Baumschule Pfister, Muri («Bäumli-Pfister», Ehrenmitglied des Pontonier-fahrvereins Ottenbach). Der kleine Baum machte in den ersten Jahren einen recht kümmerlichen Eindruck, bis vor 10-15 Jahren ein Wachstumsschub eintrat und er zum beliebten Schattenspender heranwuchs.

Warum wieder eine Linde?

Die Linde ist im Kommunalen Naturschutzinventar aufgeführt. Das Inventar schreibt bei einem Abgang dieses Baumes eine Neuanpflanzung vor. Linden lieben frischen, tiefgründigen Boden. Das schlechte Anfangswachstum der gestürzten Linde zeigt, dass der hier vorhandene Kiesboden nicht geeignet ist. Darum wird ein Teil des Bodens zuerst gegen humose Erde auswech-selt.

Linden-Sponsor: Margrit und Albin Herzog!

Und nun die freudige Mitteilung: Die Familie Margrit und Albin Herzog, VOL-VO Garage, Jonenstrasse, Ottenbach, hat sich anerboten, eine neue Som-merlinde zu spendieren. Bereits ist das Ottenbacher Exemplar in der Baum-schule Schönenberger, Mettmenstetten, bezeichnet. Im Oktober 2001 wird die Linde eingepflanzt und «angegossen». (Das Datum wird noch bekannt gegeben.) Im Namen des Gemeinderates und der Kommission für Natur- und Landschaftsschutz (KNL) danken wir herzlich für das grosszügige Ge-schenk und wünschen der Linde gutes Wachstum und ein langes Leben! Leicht abgeändert kann bald das Volkslied erklingen:

Am Grenzweg hin zu Jonen, da steht ein Lindenbaum, ich träumt‘ in seinem Schatten so manchen süssen Traum; ich schnitt in seine Rinde so manches liebe Wort; es zog in Freud und Leide zu ihm mich immer fort.

Die Linde, ein sagenhafter Baum

In Mitteleuropa sind zwei Arten der Linde heimisch: die Sommerlinde Tilia platyphylos und die Winterlinde, Tilia cordata. Die Verwendung des Holzes ist vielfältig: Gefässe, Truhen, Furniere, Schnitzereien und vieles andere mehr. Die Blüten der Sommerlinde «Flores Tilae» werden schon in Kräuter-büchern des 16. Jahrhunderts als schweisstreibend und fiebersenkend emp-fohlen. Vom Wachstum der Sommerlinde wird gesagt, dass sie 300 Jahre komme, 300 Jahre stehe und 300 Jahre vergehe.

In vielen Sagen und Geschichten spielt der Baum eine Rolle, z.B. wird ein Lindenblatt dem Helden Siegfried zum Schicksal (Nibelungenlied), den Ger-manen war die Linde der Göttin Freya heilig, unter Linden fand bei den Germanen auch das «Thing» statt, d.h. die Volks- und Gerichtsverhandlungen.

Als Dorfgerichts- oder Freiheitslinde sind die, teils uralten Bäume, auch bei uns bekannt. Die Ottenbacher Dorflinde steht heute bei den drei Bänken auf dem Dorfplatz, die Vorgänger beim Abzweiger Affoltern/ Muristrasse.

(Abbildungen der alten Linde sind z.B. ersichtlich im Ottenbacherbuch Seite 71 und in der Broschüre «100 Jahre Musikverein Ottenbach 1881- 1981», Seite 9. )

Kommission für Natur- und Landschaftsschutz (KNL), Peter Eichhorn

DIE ALTE LINDE

Du standest dort, schon eh’ ich war, Eh’ ich mein Werk begonnen. Du stehst noch, wenn ich wieder geh’, Wenn meine Zeit zerronnen.

Du sahst die Zeit vorüberziehn, Sahst Werden und Vergehn. Wie war doch bloss die alte Zeit Gemütlich noch und schön.

Wenn heut’ das Leben dich umbraust, Voll Hast und ohne Ruh’, Dann schaust verwundert du herab, Als fragtest du: Wozu?

Gedicht von Kurt Leutert aus dem Gedichtband «Wunder am Wege), Gemsberg-Verlag


Bildlegenden:

– Die Linde, gepflanzt 1978, in einer Aufnahme von 1986 für das Kommuna-leInventar. Der Baum entwickelte sich bis Ende 1999 zu einem prächtigen Schattenspender.

– Strassenführungen, Flurnamen und Parzelleneinteilung vor der Güterzu-sammenlegung

– Mit den neuen Strassenführungen und der Zusammenlegung der Parzel-len verschwanden auch sehr viele Flurbezeichnungen.