Die Fähre

Aus Ottenbach
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Die Fährleute und die Kiesschiffer

Da früher in unserer Gegend keine Brücken über die Reuss vorhanden waren, wurden an diversen Orten mit Fähren Leute, Wagen, Pferde, Vieh und Waren über die Reuss transportiert.

Bekannt ist, dass bereits im 16./17. Jahrhundert in Bremgarten, Lunkhofen-Rottenschwil, in Ottenbach und in Rickenbach- Merenschwand solche Fähren in Betrieb waren, zum Teil mit öffentlich bekannten Fährrechten. Oft gab es Streit zwischen den Fährenbesitzern und Gemeinden wegen der Konkurrenzierung, da von den Fährenbenützern Gebühren zu entrichten waren.

Anstelle des Hauses mit dem Restaurant "Reussbrücke" in Ottenbach stand früher ein so genanntes Fährhaus, das der Korporationsgemeinde Ottenbach gehörte, die eine Personen- und eine Karrenfähre in Betrieb hatte, damit die Ottenbacher ihren grossen Landsitz jenseits der Reuss bebauen und nutzen konnten.

Alle drei bis fünf Jahre wurde das so genannte Reuss-Fahr dem meistbietenden Pächter aus Ottenbach auf einer öffentlichen Gant zugeschlagen. Der Fährmann wohnte mit seiner Familie im Haus an der Reuss und war nebenbei mit etwa einem Juchart Land und einer kleinen Scheune mit Stall noch Kleinbauer. Der Pächter musste der Korporationsgemeinde jährlich für die Pacht den erganteten Bargeldbetrag bezahlen für das Fahr, die Liegenschaft und das Land. Für den Fährdienst durfte er von den Benützern, die von der Korporationsgemeinde festgelegten Gebühren in den eigenen Sack kassieren Im Heuet mussten etwa 400 Fuder nach Ottenbach übersetzt werden.

1796 gab es wieder Streit zwischen den Merenschwandern und den Ottenbachern. Der Landvogt von Merenschwand beklagte sich beim Landvogt in Knonau, dass die Ottenbacher - denen sie immer ihr Fährrecht abgesprochen hatten - unerlaubt Personen, Vieh und Wagen übersetzten. Es nutzte alles nichts, die Ottenbacher betrieben weiterhin ihre eigene Fähre.

Die ersten Bemühungen bei den Behörden für den Bau einer Reussbrücke waren erfolglos. 1798 wurde endlich in Bern ein Beschluss gefasst, die bei einzelnen Fähren bestehenden Vorrechte aufzuheben. Die Merenschwander und Ottenbacher hatten nun die gleichen Rechte zum Fährbetrieb.

Die Streitereien und Schikanen gingen aber auch im 18. Jahrhundert weiter. Den Ottenbachern wurde der Vorwurf gemacht, auf ihrer Fähre zollpflichtige Handelsware wie Roggen usw. vom Kanton Zürich in den Aargau zu transportieren; dies sei nur der Fähre in Rottenschwil gestattet.

1828 wurde dann die Zollerhebung auf den Waren ganz aufgehoben. Im gleichen Jahr baute die Korporationsgemeinde an der Reuss ein neues Fährhaus. 1845 wurde an den Regierungsrat in Zürich erneut ein Gesuch gestellt für den Bau einer Brücke.

1862 noch vor Baubeginn an der ersten Brücke in Ottenbach wurde das Reuss-Fahr zum letzten Mal öffentlich vergantet. Für den jährlichen Betrag von Fr.1 260.- wurde das Fährrecht mit Fährhaus, Scheune, Stall und Land dem Bernhard Hegetschweiler aus Ottenbach zugeschlagen. Zum Inventar gehörten 1 Wagen-, 1 Hand- und ein Grienschiff samt Fährseil und Ausrüstung Der Fährenunterhalt ging immer zu Lasten der Korporationsgemeinde.

In den Bedingungen für den Fährmann stand wörtlich: Der Pächter bezieht den auf der Tafel am Fährhaus festgesetzten Tarif, soweit die Hinüberzuschiffenden keine Gemeindegenossen sind, oder auf die der Artikel 10 des Gantrodels keine Anwendung findet.

Die Preise:

Für so genanntes Privatfuder 25 Rappen, für Fuder, welche zur Betreibung der häuslichen Bedürfnisse erachtet werden 40 Rappen, für Fuder zum Bau der 1. Reussbrücke 25 Rappen. Wenn notwendig, ist der Korporationsmauser mit dem Handschiff gratis zu übersetzen.

Viele Korporationsmitglieder arbeiteten im Winter monatelang mit dem Grienschiff an den, laut Gemeindegesetz von der Korporation, unentgeltlich zu erbringenden Ufersanierungen. Diese Arbeiten dienten dem Schutz vor Landüberschwemmungen. Auf der Zürcher Seite mussten ständig 3 300 Fuss und jenseits 4 800 Fuss Reusswehrungen instand gehalten werden. Die Korporationsmitglieder waren demzufolge in der Lage, auch mit schwer beladenen Kiesschiffen auf der Reuss zu manövrieren.

Mit der Eröffnung der neuen Reussbrücke im August 1864 wurde der Jahrhunderte dauernde Fährbetrieb in Ottenbach eingestellt. Die Wagenfähre samt Drahtseilen usw. wurden im November 1864 an Johannes Trottmann in Rottenschwil verkauft. Da das Grienschiff, das man auch tageweise mieten konnte, weiter in Betrieb blieb, kaufte die Korporationsgemeinde von den Fährmännern Gebr. Schneebeli in den Steinern noch drei Ruder für total 25 Franken. Einheimische bezahlten 5 Franken und Auswärtige 6 Franken Miete pro Tag für das Grienschiff.

1871 wurde beim Schiffmacher Maurer in Beckenried ein neues Schiff bestellt, jedoch mit der Bedingung, dass er die Eisenbeschläge vom alten Schiff wieder verwenden müsse. Mit der Anschaffung eines neuen Grienschiffes blieb das Rudern und Stacheln in Ottenbach weiterhin erhalten, bis 1888 15 Unentwegte den Pontonier- Fahrverein Ottenbach gründeten.

Auf den 1. Januar 1874 verkaufte die Korporationsgenossenschatt für Fr. 6000.-das ehemalige Fährhaus samt einem Juchart Land an den ehemaligen Pächter Bernhard Hegetschweiler.

Wilfried Leutert

Quelle: Wilfried Leutert, 100 Jahre Pontonierfahrverein Ottenbach 1888-1988, Letzi- Druck Zürich

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