Die Fähre: Unterschied zwischen den Versionen

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===Die Fährleute und die Kiesschiffer==
===Die Fährleute und die Kiesschiffer von Ottenbach===


[[Datei:Uebersichtsplan reuss sins bremgarten.JPG|miniatur|Übersichtsplan der Reussbrücken von Sins bis Bremgarten.]]
[[Datei:Situationsplan der Schiffbrücke & des Brückenkopfs beim Fahr Ottenbach nebst Ste-page-001 tk beschriftet 6 Orig.jpg|miniatur| Auf der Sonderbundskarte von Heinrich Denzler 1847, ist das Fährseil  oberhalb der Schiffbrücke eingezeichnet]]
[[Datei:Fähre Stilli.JPG|miniatur| Historische Aufnahme der Fähre in Stilli an der Aare]]


Da frilher in unserer Gegend keine Briicken iiber die Reuss
Da früher in unserer Gegend keine Brücken über die Reuss
vorhanden waren, wurden an diversen Orten mit Fdhren
vorhanden waren, wurden an diversen Orten mit Fähren
Leute, Wagen, Pferde, Vieh und Waren iiber die Reuss transportiert.
Leute, Wagen, Pferde, Vieh und Waren über die Reuss transportiert.


Bekannt ist, dass bereits im 16./17. Jahrhundert in Bremgarten,
Bekannt ist, dass bereits im 16./17. Jahrhundert in Bremgarten,
Lunkhofen-Rottenschwil, in Ottenbach und in Rickenbach-
Lunkhofen-Rottenschwil, in Ottenbach und in Rickenbach-
Merenschwand solche Fdhren in Betrieb waren, zum
Merenschwand solche Fähren in Betrieb waren, zum
Teil mit ciffentlich bekannten Fdhrrechten. Oft gab es Streit
Teil mit öffentlich bekannten Fährrechten. Oft gab es Streit
zwischen den Fdhrenbesitzern und Gemeinden wegen der
zwischen den Fährenbesitzern und Gemeinden wegen der
Konkurrenzierung, da von den Fdhrenbeniitzern Gebiihren
Konkurrenzierung, da von den Fährenbenützern Gebühren
zu entrichten waren.
zu entrichten waren.


Anstelle des Hauses mit dem Restaurant <Reussbriicke> in
Anstelle des Hauses mit dem Restaurant "Reussbrücke" in
Ottenbach stand friiher ein sogenanntes Fdhrhaus, das der
Ottenbach stand früher ein so genanntes Fährhaus, das der
Korporationsgemeinde Ottenbach gehcirte, die eine Personen-
Korporationsgemeinde Ottenbach gehörte, die eine Personen-
und eine Karrenfdhre in Betrieb hatte, damit die Ottenbacher
und eine Karrenfähre in Betrieb hatte, damit die Ottenbacher
ihren grossen Landsitz jenseits der Reuss bebauen
ihren grossen Landsitz jenseits der Reuss bebauen
und nutzen konnten..
und nutzen konnten.


Alle drei bis fiinf Jahre wurde das sogenannte Reuss-Fahr
Alle drei bis fünf Jahre wurde das so genannte Reuss-Fahr
dem meistbietenden Pdchter aus Ottenbach auf einer ciffentlichen
dem meistbietenden Pächter aus Ottenbach auf einer öffentlichen
Gant zugeschlagen. Der Fdhrmann wohnte mit seiner
Gant zugeschlagen. Der Fährmann wohnte mit seiner
Familie im Haus an der Reuss und war nebenbei mit etwa
Familie im Haus an der Reuss und war nebenbei mit etwa
einem Juchart Land und einer kleinen Scheune mit Stall noch
einem Juchart Land und einer kleinen Scheune mit Stall noch
Kleinbauer. Der Pdchter musste der Korporationsgemeinde
Kleinbauer. Der Pächter musste der Korporationsgemeinde
jdhrlich fiir die Pacht den erganteten Bargeldbetrag bezahlen
jährlich für die Pacht den erganteten Bargeldbetrag bezahlen
fiir das Fahr, die Liegenschaft und das Land. Fiir den Fdhrdienst
für das Fahr, die Liegenschaft und das Land. Für den Fährdienst
durfte er von den Beniitzern, die von der
durfte er von den Benützern, die von der
Korporationsgemeinde festgelegten Gebtihren in den eigenen
Korporationsgemeinde festgelegten Gebühren in den eigenen
Sack kassieren. - Im Heuet mussten etwa 400 Fuder
Sack kassieren Im Heuet mussten etwa 400 Fuder
nach Ottenbach iibersetzt werden.
nach Ottenbach übersetzt werden.


1796 gab es wieder Streit zwischen den Merenschwandern
1796 gab es wieder Streit zwischen den Merenschwandern
und den Ottenbachern. Der Landvogt von Merenschwand
und den Ottenbachern. Der Landvogt von Merenschwand
beklagte sich beim Landvogt in Knonau, dass die Ottenbacher
beklagte sich beim Landvogt in Knonau, dass die Ottenbacher
- denen sie immer ihr Fdhrrecht abgesprochen hatten
- denen sie immer ihr Fährrecht abgesprochen hatten
- unerlaubt Personen, Vieh und Wagen iibersetzten. Es
- unerlaubt Personen, Vieh und Wagen übersetzten. Es
nutzte alles nichts, die Ottenbacher betrieben weiterhin ihre
nützte alles nichts, die Ottenbacher betrieben weiterhin ihre
eigene Fdhre.
eigene Fähre.


Die ersten Bemiihungen bei den Behcirden ftir den Bau einer
Die ersten Bemühungen bei den Behörden für den Bau einer
Reussbriicke waren erfolglos. 1798 wurde endlich in Bern ein
Reussbrücke waren erfolglos. 1798 wurde endlich in Bern ein
Beschluss gefasst, die bei einzelnen Fdhren bestehenden Vorrechte
Beschluss gefasst, die bei einzelnen Fähren bestehenden Vorrechte
aufzuheben. Die Merenschwander und Ottenbacher
aufzuheben. Die Merenschwander und Ottenbacher
hatten nun die gleichen Rechte zum Fdhrbetrieb.
hatten nun die gleichen Rechte zum Fährbetrieb.


Die Streitereien und Schikanen gingen aber auch im 18. Jahrhundert
Die Streitereien und Schikanen gingen aber auch im 18. Jahrhundert
weiter. Den Ottenbachem wurde der Vorwurf
weiter. Den Ottenbachern wurde der Vorwurf
semacht, auf ihrer Fdhre zollpflichtige Handelsware wie
gemacht, auf ihrer Fähre zollpflichtige Handelsware wie
Roggen usw. vom Kanton Ziji'chin den Aargau zu transportieren;
Roggen usw. vom Kanton Zürich in den Aargau zu transportieren;
dies sei nur der Fdhre in Rottenschwil gestattet.
dies sei nur der Fähre in Rottenschwil gestattet.


1828 wurde dann die Zollerhebung auf den Waren ganz aufgehoben.
1828 wurde dann die Zollerhebung auf den Waren ganz aufgehoben.
Im gleichen Jahr baute die Korporationsgemeinde
Im gleichen Jahr baute die Korporationsgemeinde
an der Reuss ein neues Fdhrhaus. 1845 wurde an den Regierungsrat
an der Reuss ein neues Fährhaus. 1845 wurde an den Regierungsrat
in Ziirich erneut ein Gesuch gestellt ftir den Bau
in Zürich erneut ein Gesuch gestellt für den Bau
einer Briicke.
einer Brücke.


1g62 noch vor Baubeginn an der ersten Brticke in ottenbach
1862 noch vor Baubeginn an der ersten Brücke in Ottenbach
wurdedasReuss-FahrzumletztenmaloffentlichVergantet.
wurde das Reuss-Fahr zum letzten Mal öffentlich vergantet.
Fiir den jdhrlichen Betrag von Fr. I 260'- wurde das Fdhrrecht
Für den jährlichen Betrag von Fr.1 260.- wurde das Fährrecht
miiFahrhaus, Scheune, Stall und Land dem Bernhard
mit Fährhaus, Scheune, Stall und Land dem Bernhard
Hegetschweiler aus Ottenbach zugeschlage n' Ztm Inventar
Hegetschweiler aus Ottenbach zugeschlagen. Zum Inventar
gehlrten L Wagen-, 1 Hand- und ein Grienschiff samt Fdhrieil
gehörten 1 Wagen-, 1 Hand- und ein Grienschiff samt Fährseil
und Ausri.istung' Der Fdhrenunterhalt ging immer zu
und Ausrüstung. Der Fährenunterhalt ging immer zu
Lasten der Korporationsgemeinde'
Lasten der Korporationsgemeinde.


In den Bedingungen flir den Fdhrmann stand wcjrtlich:
In den Bedingungen für den Fährmann stand wörtlich:
Der Pdchter bezieht den auf der Thfel am Fdhrhaus festgesetztenTarif,
Der Pächter bezieht den auf der Tafel am Fährhaus festgesetzten Tarif,
soweitdieHiniiberzuschiffendenkeine
soweit die Hinüberzuschiffenden keine
Gemeindegenossen sind, oder auf die der Artikel 10 des
Gemeindegenossen sind, oder auf die der Artikel 10 des
Gantrodels keine Anwendung findet'
Gantrodels keine Anwendung findet.


Die Preise:
Die Preise:


Fiir sogenanntes Privatfu der
Für so genanntes Privatfuder 25 Rappen, für Fuder, welche zur Betreibung der häuslichen Bedürfnisse erachtet werden 40 Rappen,
Fiir Fuder, welche zur Betreibung der
für Fuder zum Bau der 1. Reussbrücke 25 Rappen.
I
hduslichen Bediirfnisse erachtet werden 40 Rappen
Fiir Fuder zum Bau der L' Reussbriicke 25 Rappen
Wenn notwendig, ist der Korporationsmauser mit dem
Wenn notwendig, ist der Korporationsmauser mit dem
Handschiff gratis zu iibersetzen'
Handschiff gratis zu übersetzen.


Viele Korporationsmitglieder arbeiteten im Winter monatelang
Viele Korporationsmitglieder arbeiteten im Winter monatelang
mit dim Grienschiff an den, laut Gemeindegesetz von
mit dem Grienschiff an den, laut Gemeindegesetz von
der'Korporation, unentgeltlich zu erbringenden Ufersanierungen.
der Korporation, unentgeltlich zu erbringenden Ufersanierungen.
biese Arbeiten dienten dem Schutz vor Landiiberschiemmungen.
Diese Arbeiten dienten dem Schutz vor Landüberschwemmungen.
Auf der Ziircher Seite mussten stdndig
Auf der Zürcher Seite mussten ständig
3 300 Fuss und jenseits 4 800 Fuss Reusswehrungeninstand
3 300 Fuss und jenseits 4 800 Fuss Reusswehrungen instand
gehalten werden. Die Korporationsmitglieder waren demzuiolgein
gehalten werden. Die Korporationsmitglieder waren demzufolge in
der Lage, auch mit schwerbeladenenKiesschiffen auf
der Lage, auch mit schwer beladenen Kiesschiffen auf
der Reuss zu maniivrieren.
der Reuss zu manövrieren.


Mit der Erciffnung der neuen Reussbriicke im August 1864
Mit der Eröffnung der neuen Reussbrücke im August 1864
wurde der Jahrhunderte dauernde Fdhrbetrieb in ottenbach
wurde der Jahrhunderte dauernde Fährbetrieb in Ottenbach
eingestellt. Die Wagenfdhre samt Drahtseilen usw' wurden im
eingestellt. Die Wagenfähre samt Drahtseilen usw. wurden im
Noiember 1,864 in Johannes Trottmann in Rottenschwil
November 1864 an Johannes Trottmann in Rottenschwil
verkauft.DadasGrienschiff,dasmanauchtageweisemieten
verkauft. Da das Grienschiff, das man auch tageweise mieten
konnte,weiterinBetriebblieb,kauftedieKorporationsgemeinde
konnte, weiter in Betrieb blieb, kaufte die Korporationsgemeinde
von den Fdhrmdnnern Gebr' Schneebeli in den
von den Fährmännern Gebr. Schneebeli in den
3t"in"- no.h drei Ruder fiir total 25 Franken. Einheimische
Steinern noch drei Ruder für total 25 Franken. Einheimische
bezahlten 5 Franken und Auswdrtige 6 Franken Miete pro
bezahlten 5 Franken und Auswärtige 6 Franken Miete pro
Tagftr das Grienschiff.
Tag für das Grienschiff.


1g71 wurde beim schiffmacher Maurer in Beckenried ein
1871 wurde beim Schiffmacher Maurer in Beckenried ein
neues Schiff bestellt, jedoch mit der Bedingung, dass er die
neues Schiff bestellt, jedoch mit der Bedingung, dass er die
Eisenbeschldge vom alten Schiff wieder verwenden miisse.
Eisenbeschläge vom alten Schiff wieder verwenden müsse.
Mit der Ansihaffung eines neuen Grienschiffes blieb das
Mit der Anschaffung eines neuen Grienschiffes blieb das
Rudern und stacheln in ottenbach weiterhin erhalten, bis
Rudern und Stacheln in Ottenbach weiterhin erhalten, bis
lsSS15UnentwegtedenPontonier.Fahrvereinottenbach
1888 15 Unentwegte den Pontonier- Fahrverein Ottenbach
griindeten.
gründeten.


LU O"n 1. Januar 1874 verkaufte die KorporationsgenossenschattfiirFr.
Auf den 1. Januar 1874 verkaufte die Korporationsgenossenschatt für Fr.
6000.-dasehemaligeFdhrhaussamteinem
6000.-das ehemalige Fährhaus samt einem
Juchart Land an den ehemaligen Pdchter Bernhard Heget-
Juchart Land an den ehemaligen Pächter Bernhard Hegetschweiler.  
25 Rappen
schweiler.  


Wilfried Leutert
''Autor: Wilfried Leutert''


Quelle:Wilfried Leutert, 100 Jahre Pononierfahrverein Ottenbach 1888-1988, Letzi- Druck Zürich
Quelle: Wilfried Leutert, 100 Jahre Pontonierfahrverein Ottenbach 1888-1988, Letzi- Druck -Ottenbach - Dorf an der Reuss  Zürich
 
Mehr über den Autor Wilfried Leutert erfahren bei >>>[[Leutert-Kress Wilfried 1920-2010]]
 
''Bearbeitung: Übersichtsplan und Sonderbundsplan Peter Eichhorn''
 
''Von der Fähre in Ottenbach sind keine Zeichnungen oder gar Fotografien bekannt. Nach dem obigen Bericht von Wilfried Leutert muss die Möglichkeit bestanden haben, mit kleinen beladenen Fuhrwerken auf die Fähre zu fahren. Die Fähre von Stilli ist in einem Artikel der Aargauerzeitung vom 4.12.2013 beschrieben. Die Fotografie stammt aus diesem Artikel'' http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/wie-im-dorf-einst-fuenf-familien-mit-der-faehre-wirtschaftlich-aufbluehten-126009102
 
''Ergänzungen und Korrekturen an peter.eichhorn@gmx.ch''
 
 
 
===1825. Alt-Friedensrichter Jakob Funk von Ottenbach ZH in der Reuss tödlich verunglückt===
 
[[Datei:Jakob funk 1825.jpg|miniatur]]
 
'''Der Baierische Landbote'''
 
Redigiert und herausgegeben von Dr. Karl Friedrich August Müller in München
 
''' München.  Donnerstag, den 31.März 1825.  Nro. 39.'''
 
'''Allerley'''
 
Um einen im Dorfe Merischwanden gekauften Ochsen über die Reuss nach Ottenbach, im zürcherischen Oberamt  Knonau, zu bringen, traf am 14. März Nachmittags der Alt-Friedensrichter Jakob Funk von Ottenbach bei der dortigen Fähre ein. Die Fähre stieß vom Ufer, als der Funk noch beschäftigt war, den eingeschifften Ochs, den er am Stricke hielt, die gehörige Stellung zu geben. Das Thier aber warf störrisch seinen Führer über die Seitenwand des Schiffes rücklings in den Strom, und von ihm am Stricke gehalten, springt der Ochs selbst augenblicklich gleichfalls in’s Wasser. Der Fährmann wirft sich auf das Genick des Thieres, um von da aus den Funk zu erreichen, was aber ihm nicht gelingt, da jener zwischen den Vorderbeinen des Thieres festgehalten ist. Nach widerholten vergeblichen Wendungen kehrt der Fährer zu seinem Schiff zurück; sobald er jedoch wahrnimmt, dass der Ochs sich dem Lande nähert, der nachgeschleppte Funk aber den Strick fahren lässt und vom Wasser gehoben wird, springt er neuerdings in die Fluth, erreicht den Verunglückten, fasst ihn an der Brust und sucht ihn empor zu ziehen; er vermag aber den schweren Körper nicht sattsam zu heben und muss ihn wieder fahren lassen. Zum zweitenmal auf’s Schiff zurückgehrt, fährt er damit stromabwärts dem Verunglückten nach.
 
Als dieser von den Ästen einer im Strome liegenden Tanne angehalten wird, erfasst er den Körper und vermag nun auch, mit Hülfe zweier, inzwischen in einem Nachen herbei gefahrenen, Männer, ihn vollends aus dem Wasser zu ziehen. Kein Lebenszeichen war übrig, die Männer hatten aber eine vom Sanitätskollegium kürzlich verteilte Anleitung zur Rettung von Scheintodten in frischem Gedächtniss: sie handelten danach, und unter ihren zweckmässigen Reibungen kehrten Leben und Athem zurück; vom Ufer ward Funk in die nahe gelegene Mühle getragen; es wurden hier von der Haushaltung des Müllers Beerli, Bäder und Betten und was sie vermochte, menschenfreundlich dargreicht, und alles Erforderliche von den Umstehenden angewandt, denen der Verunglückte vielfältig dankte, aber auch das Gefühl seines nahen Todes ausdrückte.
 
Die Seinigen und sein Seelsorger eilten herbei und er hat mit ihnen auch gesprochen; gegen 7 Uhr verstarb er aber in Folge der erhaltenen Beschädigungen. Das Sanitätskollegium hat, nach angehörtem amtlichen Bericht über diesen Unglücksfall, dem wackeren Fährmann, Jakob Sidler von Ottenbach, für den bewiesenen muthvollen Eifer zur Rettung des verunglückten ein besonderes Zeichen seine Dankes übergeben und hinwieder die Haushaltung des Müllers Beerli eine Belohnungsurkunde zustellen lassen.
 
 
 
''Transkribiert und bearbeitet von Peter Eichhorn 10.9.2015''
 
 
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99152123

Aktuelle Version vom 25. Dezember 2021, 18:25 Uhr

Die Fährleute und die Kiesschiffer von Ottenbach

Übersichtsplan der Reussbrücken von Sins bis Bremgarten.
Auf der Sonderbundskarte von Heinrich Denzler 1847, ist das Fährseil oberhalb der Schiffbrücke eingezeichnet
Historische Aufnahme der Fähre in Stilli an der Aare

Da früher in unserer Gegend keine Brücken über die Reuss vorhanden waren, wurden an diversen Orten mit Fähren Leute, Wagen, Pferde, Vieh und Waren über die Reuss transportiert.

Bekannt ist, dass bereits im 16./17. Jahrhundert in Bremgarten, Lunkhofen-Rottenschwil, in Ottenbach und in Rickenbach- Merenschwand solche Fähren in Betrieb waren, zum Teil mit öffentlich bekannten Fährrechten. Oft gab es Streit zwischen den Fährenbesitzern und Gemeinden wegen der Konkurrenzierung, da von den Fährenbenützern Gebühren zu entrichten waren.

Anstelle des Hauses mit dem Restaurant "Reussbrücke" in Ottenbach stand früher ein so genanntes Fährhaus, das der Korporationsgemeinde Ottenbach gehörte, die eine Personen- und eine Karrenfähre in Betrieb hatte, damit die Ottenbacher ihren grossen Landsitz jenseits der Reuss bebauen und nutzen konnten.

Alle drei bis fünf Jahre wurde das so genannte Reuss-Fahr dem meistbietenden Pächter aus Ottenbach auf einer öffentlichen Gant zugeschlagen. Der Fährmann wohnte mit seiner Familie im Haus an der Reuss und war nebenbei mit etwa einem Juchart Land und einer kleinen Scheune mit Stall noch Kleinbauer. Der Pächter musste der Korporationsgemeinde jährlich für die Pacht den erganteten Bargeldbetrag bezahlen für das Fahr, die Liegenschaft und das Land. Für den Fährdienst durfte er von den Benützern, die von der Korporationsgemeinde festgelegten Gebühren in den eigenen Sack kassieren Im Heuet mussten etwa 400 Fuder nach Ottenbach übersetzt werden.

1796 gab es wieder Streit zwischen den Merenschwandern und den Ottenbachern. Der Landvogt von Merenschwand beklagte sich beim Landvogt in Knonau, dass die Ottenbacher - denen sie immer ihr Fährrecht abgesprochen hatten - unerlaubt Personen, Vieh und Wagen übersetzten. Es nützte alles nichts, die Ottenbacher betrieben weiterhin ihre eigene Fähre.

Die ersten Bemühungen bei den Behörden für den Bau einer Reussbrücke waren erfolglos. 1798 wurde endlich in Bern ein Beschluss gefasst, die bei einzelnen Fähren bestehenden Vorrechte aufzuheben. Die Merenschwander und Ottenbacher hatten nun die gleichen Rechte zum Fährbetrieb.

Die Streitereien und Schikanen gingen aber auch im 18. Jahrhundert weiter. Den Ottenbachern wurde der Vorwurf gemacht, auf ihrer Fähre zollpflichtige Handelsware wie Roggen usw. vom Kanton Zürich in den Aargau zu transportieren; dies sei nur der Fähre in Rottenschwil gestattet.

1828 wurde dann die Zollerhebung auf den Waren ganz aufgehoben. Im gleichen Jahr baute die Korporationsgemeinde an der Reuss ein neues Fährhaus. 1845 wurde an den Regierungsrat in Zürich erneut ein Gesuch gestellt für den Bau einer Brücke.

1862 noch vor Baubeginn an der ersten Brücke in Ottenbach wurde das Reuss-Fahr zum letzten Mal öffentlich vergantet. Für den jährlichen Betrag von Fr.1 260.- wurde das Fährrecht mit Fährhaus, Scheune, Stall und Land dem Bernhard Hegetschweiler aus Ottenbach zugeschlagen. Zum Inventar gehörten 1 Wagen-, 1 Hand- und ein Grienschiff samt Fährseil und Ausrüstung. Der Fährenunterhalt ging immer zu Lasten der Korporationsgemeinde.

In den Bedingungen für den Fährmann stand wörtlich: Der Pächter bezieht den auf der Tafel am Fährhaus festgesetzten Tarif, soweit die Hinüberzuschiffenden keine Gemeindegenossen sind, oder auf die der Artikel 10 des Gantrodels keine Anwendung findet.

Die Preise:

Für so genanntes Privatfuder 25 Rappen, für Fuder, welche zur Betreibung der häuslichen Bedürfnisse erachtet werden 40 Rappen, für Fuder zum Bau der 1. Reussbrücke 25 Rappen. Wenn notwendig, ist der Korporationsmauser mit dem Handschiff gratis zu übersetzen.

Viele Korporationsmitglieder arbeiteten im Winter monatelang mit dem Grienschiff an den, laut Gemeindegesetz von der Korporation, unentgeltlich zu erbringenden Ufersanierungen. Diese Arbeiten dienten dem Schutz vor Landüberschwemmungen. Auf der Zürcher Seite mussten ständig 3 300 Fuss und jenseits 4 800 Fuss Reusswehrungen instand gehalten werden. Die Korporationsmitglieder waren demzufolge in der Lage, auch mit schwer beladenen Kiesschiffen auf der Reuss zu manövrieren.

Mit der Eröffnung der neuen Reussbrücke im August 1864 wurde der Jahrhunderte dauernde Fährbetrieb in Ottenbach eingestellt. Die Wagenfähre samt Drahtseilen usw. wurden im November 1864 an Johannes Trottmann in Rottenschwil verkauft. Da das Grienschiff, das man auch tageweise mieten konnte, weiter in Betrieb blieb, kaufte die Korporationsgemeinde von den Fährmännern Gebr. Schneebeli in den Steinern noch drei Ruder für total 25 Franken. Einheimische bezahlten 5 Franken und Auswärtige 6 Franken Miete pro Tag für das Grienschiff.

1871 wurde beim Schiffmacher Maurer in Beckenried ein neues Schiff bestellt, jedoch mit der Bedingung, dass er die Eisenbeschläge vom alten Schiff wieder verwenden müsse. Mit der Anschaffung eines neuen Grienschiffes blieb das Rudern und Stacheln in Ottenbach weiterhin erhalten, bis 1888 15 Unentwegte den Pontonier- Fahrverein Ottenbach gründeten.

Auf den 1. Januar 1874 verkaufte die Korporationsgenossenschatt für Fr. 6000.-das ehemalige Fährhaus samt einem Juchart Land an den ehemaligen Pächter Bernhard Hegetschweiler.

Autor: Wilfried Leutert

Quelle: Wilfried Leutert, 100 Jahre Pontonierfahrverein Ottenbach 1888-1988, Letzi- Druck -Ottenbach - Dorf an der Reuss Zürich

Mehr über den Autor Wilfried Leutert erfahren bei >>>Leutert-Kress Wilfried 1920-2010

Bearbeitung: Übersichtsplan und Sonderbundsplan Peter Eichhorn

Von der Fähre in Ottenbach sind keine Zeichnungen oder gar Fotografien bekannt. Nach dem obigen Bericht von Wilfried Leutert muss die Möglichkeit bestanden haben, mit kleinen beladenen Fuhrwerken auf die Fähre zu fahren. Die Fähre von Stilli ist in einem Artikel der Aargauerzeitung vom 4.12.2013 beschrieben. Die Fotografie stammt aus diesem Artikel http://www.aargauerzeitung.ch/aargau/brugg/wie-im-dorf-einst-fuenf-familien-mit-der-faehre-wirtschaftlich-aufbluehten-126009102

Ergänzungen und Korrekturen an peter.eichhorn@gmx.ch


1825. Alt-Friedensrichter Jakob Funk von Ottenbach ZH in der Reuss tödlich verunglückt

Der Baierische Landbote

Redigiert und herausgegeben von Dr. Karl Friedrich August Müller in München

München. Donnerstag, den 31.März 1825. Nro. 39.

Allerley

Um einen im Dorfe Merischwanden gekauften Ochsen über die Reuss nach Ottenbach, im zürcherischen Oberamt Knonau, zu bringen, traf am 14. März Nachmittags der Alt-Friedensrichter Jakob Funk von Ottenbach bei der dortigen Fähre ein. Die Fähre stieß vom Ufer, als der Funk noch beschäftigt war, den eingeschifften Ochs, den er am Stricke hielt, die gehörige Stellung zu geben. Das Thier aber warf störrisch seinen Führer über die Seitenwand des Schiffes rücklings in den Strom, und von ihm am Stricke gehalten, springt der Ochs selbst augenblicklich gleichfalls in’s Wasser. Der Fährmann wirft sich auf das Genick des Thieres, um von da aus den Funk zu erreichen, was aber ihm nicht gelingt, da jener zwischen den Vorderbeinen des Thieres festgehalten ist. Nach widerholten vergeblichen Wendungen kehrt der Fährer zu seinem Schiff zurück; sobald er jedoch wahrnimmt, dass der Ochs sich dem Lande nähert, der nachgeschleppte Funk aber den Strick fahren lässt und vom Wasser gehoben wird, springt er neuerdings in die Fluth, erreicht den Verunglückten, fasst ihn an der Brust und sucht ihn empor zu ziehen; er vermag aber den schweren Körper nicht sattsam zu heben und muss ihn wieder fahren lassen. Zum zweitenmal auf’s Schiff zurückgehrt, fährt er damit stromabwärts dem Verunglückten nach.

Als dieser von den Ästen einer im Strome liegenden Tanne angehalten wird, erfasst er den Körper und vermag nun auch, mit Hülfe zweier, inzwischen in einem Nachen herbei gefahrenen, Männer, ihn vollends aus dem Wasser zu ziehen. Kein Lebenszeichen war übrig, die Männer hatten aber eine vom Sanitätskollegium kürzlich verteilte Anleitung zur Rettung von Scheintodten in frischem Gedächtniss: sie handelten danach, und unter ihren zweckmässigen Reibungen kehrten Leben und Athem zurück; vom Ufer ward Funk in die nahe gelegene Mühle getragen; es wurden hier von der Haushaltung des Müllers Beerli, Bäder und Betten und was sie vermochte, menschenfreundlich dargreicht, und alles Erforderliche von den Umstehenden angewandt, denen der Verunglückte vielfältig dankte, aber auch das Gefühl seines nahen Todes ausdrückte.

Die Seinigen und sein Seelsorger eilten herbei und er hat mit ihnen auch gesprochen; gegen 7 Uhr verstarb er aber in Folge der erhaltenen Beschädigungen. Das Sanitätskollegium hat, nach angehörtem amtlichen Bericht über diesen Unglücksfall, dem wackeren Fährmann, Jakob Sidler von Ottenbach, für den bewiesenen muthvollen Eifer zur Rettung des verunglückten ein besonderes Zeichen seine Dankes übergeben und hinwieder die Haushaltung des Müllers Beerli eine Belohnungsurkunde zustellen lassen.


Transkribiert und bearbeitet von Peter Eichhorn 10.9.2015


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