Dei Mörtelbiene

Aus Ottenbach
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Ottebächler Nr. 139 März 2007

Mörtelbiene
Die Mörtelbieneneier entwickeln sich gut geschützt im Bau
Mörtelbienenbau nach dem Ausschlüpfen der Bienen

Vor kurzem fragte Frau Arnet am Schulweg Peter Eichhorn, den Präsidenten der KNL an, worum es sich wohl bei einem eigenartigen lehmartigen Klum-pen handeln könnte, den sie an der Mauer ihrer Garage entdeckt hatte.

Nicht zu Unrecht dachte sie zuerst, jemand hätte ihr aus Jux einen Klumpen Lehm an die Backsteinmauer geklebt. Beim genaueren Hinsehen fällt aber auf, dass das Material mit Sand und Steinchen durchsetzt ist wie ein roher Mauerputz. Es hat auch dieselbe Härte: Mit dem Fingernagel lässt sich nur eine oberflächliche Schicht abkratzen.

Wir von der KNL freuen uns über solche und andere Anfragen. Sie beweisen uns, dass die Ottenbacher Bevölkerung Interesse an der Natur und an einer intakten und naturnahen Umgebung hat. Peter Eichhorn ist dem nachgegangen und hat herausbekommen, dass es sich wahrscheinlich um die Mörtelbiene handelt.

Wie immer, wenn ich an dieser Stelle ein Thema aus der Natur vorstellen soll, nehme ich dankbar all die wertvollen Beiträge im Internet zur Hilfe nebst einigen Bestimmungsbüchern aus meiner eigenen Bibliothek. Während letztere meist eher kurz gefasste Beschreibungen und Angaben zur Lebensweise enthalten, findet man im Internet eine Fülle von Informationen aus kompetenter Hand.

Die Mörtelbiene gehört zu den Wildbienen. In der Schweiz soll es davon etwa 600 Arten geben! Die meisten von ihnen sind so genannte Solitärbienen: ganz anders als ihre berühmten Verwandten, die Honigbienen, leben sie einzeln und bilden keine Staaten. Neben den Solitärbienen und den Staaten bildenden Bienen existiert eine dritte Gruppe von Wildbienen, die eine schmarotzende Lebensweise haben: Sie legen ihre Eier in die Nester anderer Wildbienen, meist von Solitärbienen. Die Kleinsten unter ihnen messen gerade 2 mm und sind auf den ersten Blick kaum als Bienen zu erkennen. Alle Weibchen dieser Wildbienen besitzen einen Stechapparat; Männ-chen können nicht stechen. Da die Bienen grundsätzlich nur aus Notwehr stechen, geht von ihnen keine Gefahr aus.

Mörtelbienen gehören zur Gattung der Blattschneiderbienen, welche sich mit ihren Kieferwerkzeugen Blattstücke heraustrennen und als Baumaterial für ihre Nester verwenden. Dabei ist die Mörtelbiene Megachile parietina die einzige, welche ihre Nester an Felswände (und eben auch an Mauern) baut.

Das Nest besteht aus einzeln angefertigten Zellen, welche mit Nektar und Pollen aufgefüllt werden, bevor ein einziges Ei darin abgelegt wird. Danach wird die Zelle zugemauert und nebenan eine neue angelegt. Der Bau einer einzigen Zelle dauert mit Eintrag des Futtervorrates für die Larve je nach Witterung 2 bis 6 Tage. Bis zu 16 solcher Zellen werden aneinander gebaut und am Schluss mit einer dicken Schicht Aussenputz versehen, der steinhart wird.

Die Mörtelbiene ist bei uns nicht sehr häufig. Den Grund dafür vermutet man in der Schwierigkeit, das notwendige Futtermaterial für die Larven herbeizu-schaffen. Als Futterpflanzen werden Schmetterlingsblütler und Lippenblütler bevorzugt: Esparsette und Hornklee. Untersuchungen haben ergeben, dass sie für die Verproviantierung einer einzigen Brutzelle den gesamten Nektar und Pollen von mindestens 1100 Blüten benötigt! Da auch Konkurrenten unterwegs sind, bedeutet dies wohl eher an die 2700 Blütenbesuche, bis die benötigte Menge zusammengetragen ist. Man hat berechnet, dass eine nistende Mörtelbiene pro Brutsaison nicht weniger als 107 Esparsettenpflanzen benötigt (bis zum Ende der Brutsaison Anfang Juli soll darum die Wiese ungemäht bleiben!).

Es gibt noch andere Insekten, die ihre Nester aus Lehm bauen: Zum Beispiel die Lehmwespe. Für ihre Nachkommenschaft schafft die Lehmwespe 2 bis 3 narkotisierte Raupen herbei und mauert sie zusammen mit einem abgelegten Ei ein: Schon nach 12 Tagen hat die Larve den Nahrungsvorrat aufgezehrt und spinnt sich in einem Kokon ein, worin sie dann gut geschützt den Winter übersteht. Von den Beutetieren bleiben nur die ausgesaugten Raupenhäute übrig.

Zurück zu den Mörtelbienen: Sie werden auch Maurerbienen genannt. Das tönt ganz ähnlich wie Mauerbienen (Osmia), welche eine eigene Gattung unter den Wildbienen bilden und ebenfalls solitär leben.

Sie legen ihre Nester in Hohlräumen aller Art an: Sei es in Mauern (daher der Name) oder aber in den Hohlgängen, die andere Insekten im Totholz hinterlassen haben. Es können aber auch hohle Pflanzenstängel oder künstlich geschaffene Nisthilfen sein. Im Januar 2005 stellte ich eine solche einfache Nisthilfe vor.

Ich habe sie gleich selber ausprobiert. Die ins Stirnholz gebohrten Löcher sind mittlerweile besetzt worden. Wie es sich für Mauerbienen gehört, sind die Löcher zugemauert worden.

KNL - Christian Müller


Literatur:

Kosmosnaturführer: Der neue Kosmos-Insektenführer

http://www.projektwerkstatt.de/naturbeobachtung/nabei/18/5.html

http://www.wildbienen.de

http://de.wikipedia.org/wiki/Geh%C3%B6rnte_Mauerbiene

http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fe_Lehmwespe

http://www.entomart.be/page-hyme.html