Bernhardinerzucht Edi Rodel Ottenbach

Aus Ottenbach
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Weltbekannt

Die Bernhardinerzucht von Edi Rodel in Ottenbach

Von Willy Hug

Währen über 40 Jahren, von 1950 bis 1994, züchtete Edi Rodel Bernhardinerhunde. Die Käufer kamen aus der ganzen Welt; von Amerika wie auch von Japan reisten sie nach Ottenbach. Der ehemalige Bauernsohn und Metzger gewann in dieser Zeit mit seinen Hunden unzählige internationale Auszeichnungen. “Vater der Bernhardiner“ wurde Rodel genannt; er besass die weltweit grösste Bernhardinerzucht.

Wenn man in Edis Chalet eintrat, war im Korridor eine grosse Weltkarte mit vielen eingesteckten farbigen Nadeln zu sehen. Diese Nadeln waren in 55 Ländern auf alle Kontinente verteilt und zeigten, wohin seien Hunde geholt wurden. Sowohl in Süd- als auch in Nordamerika, in afrikanischen Staaten, in Australien und sogar mitten in Sibirien steckte eine Nadel. Stolz erzählt Edi Rodel, dass er in die USA und auch nach Japan je etwa 300 Hunde verkauft habe. Insgesamt dürften es weltweit gegen die 3000 Bernhardinerhunde gewesen sei, allesamt kerngesunde, schöne Tiere mit Stammbaum aus Ottenbach.

Vom Bauernsohn zum Metzger

Eigentlich hätte Edis acht Jahre älterer Bruder den elterlichen Bauernhof übernehmen sollen. Edi machte eine Metzgerlehre, die er in Mettmenstetten begann und in Horgen abgeschlossen. Aber dann kam es anders. Kurz darauf starb sein Vater, und Edi musste in seine Fussstapfen treten. Sein Vater war auch Jagdaufseher und züchtete Jagdhunde. So machte Edi bereits früh seine ersten Erfahrungen mit der Hundezucht. Mittlerweile hatte er seine Frau kennengelernt, und nach der Heirat übernahm er die beiden Bauernhöfe vom Vater und vom Schwiegervater in Ottenbach.

Erster Bernhardiner

Fast zufällig kam Edi zu einer Bernhardinerhündin, und er begann mit der Zucht. Die Arbeit mit den Hunden machte ihm unheimlich Spass und Befriedigung. In den fünfziger Jahren siedelte er aus und baute ein schönes Chalet an prächtiger Hanglage ausserhalb des Dorfes. Hier gab es auch genügend Platz, um grosse Zwinger zu bauen. Stolz erzählt Edi, dass er mehrmals auch aus Tierschutzkreisen gerühmt wurde, für seine prächtigen und grossen Anlagen. Daneben baut er ein kleines Schlachthaus. Krankes Vieh brachten die Bauern dem gelernten Metzger.

Nebst Fleisch bekamen die Hunde auch Flocken zum Fresse, bei bis zu 130 Hunden gab das die stattliche futtermenge von 500 bis 600 Kilogramm täglich. Die Welpen bekamen jeden >Morgen eine Brühe aus Hirse Vollmehl, Biskuits und gekochtem Fleisch mit Vitaminzusätzen. Dreimal täglich erhielten sie frisches Wasser und abends noch ein grosses Fleischstück. Eine Hündin durfte höchsten nur ein- bis zweimal pro Jahr werfen, und nur die kräftigsten und schönsten Welpen durften bleiben, um die Mutter nicht allzu sehr zu schwächen. Insgesamt konnte eine Hündin sechs bis sieben Würfe haben. Ein ausgewachsener Bernhardiner wog zwischen 70 bis 90 Kilogramm und verfutterte täglich zwei bis drei Kilo.

Weltruhm

In Edi Rodels Chalet erinnerten eine Fülle Pokale und Auszeichnung gen an vergangene Zeiten, als seine Bernhardinerzucht weltberühmt war. Mit ihnen gewann er alle internationalen Wettbewerbe von Rang und Namen. „Keine Gaggelari-Ausstellungen“, wie er sagte. So wurde zum Beispiel der „Lord vom Säuliamt“ 1960 Champion der USA, „Figaro“ wurde in Monaco bester Hund aller Rassen und gewann auch in Amerika das Championat. Zu noch grösseren ehren brachte es einer von Figaros Söhnen. Er marschierte bei der Parade anlässlich der Amtseinsetzung von Präsident Johnson als Maskottchen von der Feuerwehr Chicago mit. Zuvor war er von der Swissair dem Bürgermeister geschenkt worden. Die ersten Bernhardiner welche in die USA reisten, begleitete Edi Rodel. Jedes Mal waren die Presse und die Filmwochenschau zugegen.

Die stämmigen Bernhardiner aus Ottenbach waren Sympathieträger ersten Ranges für die Schweiz. Insgesamt hat Rodel etwa 45 Mal internationale Zuchtgruppensiege errungen. Unzählige Fernsehstationen waren bei seiner Bernhardinerzucht zu besuch. Das britische Fernsehen BBC drehte tagelang, und auch das amerikanische Fernsehen ABC, das damals bereits in Farbe drehte, war eine Woche zu Gast. Die Kameraleute aus San Francisco hatten den Auftrag, einen Film über Lawinenhunde in der Schweiz zu drehen. Der Film zeigte die Aufzucht der jungen Welpen und den Einsatz eines stämmigen Bernhardiners als Lawinenhund. Unbestrittener Held des Films war der „Tarass vom Säuliamt“. Edi Rodel kam ins Schwärmen, wenn er von diesem prachtstier erzählte. „Tarass“ war fast zwei Meter hoch, wenn er auf den Hinterbeinen stand, und etwa 100 Kilogramm schwer. Er war aussergewöhnlich intelligent. „Eigentlich eher wie eine Mensch als ein Hund“, sagte Edi Rodel. Für diesen Film wurde Rodels Tochter auf dem Gotthard-Hospiz mehrmals unter zwei Meter Schnee begraben. Doch „Tarass“ entledigte sich zum Erstaunen der amerikanischen Fernsehleute seiner Aufgabe mit unglaublicher Geschwindigkeit und grub die junge Frau jeweils im Nu aus. Die „Lords“, „Figaros“, „Tarasse“ von Edi Rodel zierten auf der ganzen Welt die Titelblätter der Zeitschriften. Immer hatten sie das Fässli mit dem Schweizer Kreuz angehängt. Während Jahrzehnten waren an vielen Kiosken Rodels stolze Bernhardiner als Ansichtskarten zu kaufen.

Erfolge

Warum hatte gerade Edi Rodel solche Erfolge nachzuweisen, wie vorher und nachher keine Züchter? Die Antwort ist sicher in der Person von Edi zu finden. Wie seine Bernhardiner war er in jüngeren Jahren sehr stämmig und kraftstrotzend. Dazu kam sein eiserener Fleiss und Wille. Sicher herhörte dazu auch Talent. Als Bauer und Metzger kannte er die Tiere gut, hatte ein feines Gespür für sie. „Eigentlich hätte ich Tierarzt werden wollen“, sagt er heute, „aber das lag von zu Hause auf nicht drin“. Unabdingbar für die grossen Erfolge war auch seine Ehrlichkeit als Züchter.

Für die Bernhardinerzucht besass er 8 Zuchtrüden und 40 Muttertiere, daneben noch 10 Pferde, 20 Stück Vieh, 10 Rinder, eine Schweinezucht, eine Forellenzucht und zudem Pfauen und Fasanen. Hunderte von jungen Leuten haben bei ihm (strenge) Reitstunden genossen. Es gab auch schwierige Zeiten, dann, wenn sich zum Beispiel die Staube (Viruskrankheit) bei seinen Hunden während Monaten ausbreitete und die ganze Zucht zu eliminieren drohte. Es war zum Verzweifeln, aber er habe „den Grind nicht hängen lassen“, wie er sagt, und durchgehalten. Eine sehr grosse Stütze war all in diesen Jahren seine geliebt Frau, sie verstand es, ihn auch in schwierigen Zeiten immer wieder aufzumuntern. „Fachlich ist sie mir in nichts nachgestanden“, sagt Edi Rodel.

Einen grossen Anteil trugen seine drei Töchter und sein Sohn bei. Wenn Edi mit seinen Bernhardinern wieder einmal im Ausland an Wettbewerben oder an grossen Festanlässen war, haben seine vier Kinder zusammen mit ihrer Mutter die Arbeit im Haus übernommen. Ein ständiger treuer Begleiter auf den langen Fahrten ins Ausland war Edis Freund Albert Ebnöther. Oft sind sie, als Mönche vom St. Bernhard-hospiz verkleidet, mit ihren vierbeinigen Prachtkerlen an Festumzügen mitmarschiert.

„Rodel gibt’s nur einmal“

Fast jede Woche kamen junge Hunde zur Welt, und das meistens nachts. Gelegentlich zwei- bis dreimal pro Nacht. Dafür gab’s ein heizbares, 30 Meter langes Hundehaus. Wenn Edi Rodel davon erzählte, war zu spüren, dass da ein Züchter mit Leib und Seele am Werk war. Wichtig war ihm auch das Bestreben, immer wieder aus neuen Erkenntnissen zu lernen. Täglich beantwortete er unzählige telefonische und schriftliche Anfragen aus der ganzen Welt. Es galt auch, die vielen per Cars anreisenden Besucher zu begrüssen. In Edis Gästebüchern durften sich jenen Besucher eintragen, die einen Hund kauften. Darunter ist viel Prominenz aus der Fiel,- Musik,- und Sportwelt auszumachen. Ein junger Hund kostete 1600 Franken. Für ausgewachsenen Spitzenhunde mit internationalen siegen wurden bis 12‘000 Franken bezahlt. Edi Rodel ist wohl zu Weltruhm gekommen, aber er sagt, dass es mit unheimlich viel Arbeit verbunden war.

Beim Gespräch im Jahre 2000 war es ruhiger geworden auf dem Anwesen des damals 84-jährigen. Als seine Frau drei Jahre zuvor starb, hat er alle Zwingeranlagen abgeräumt. Kurze Zeit später zog er ins Urnerland, wo eine Tochter lebt. In Erinnerung geblieben ist vom Gespräch auch seine Antwort auf die Frage, warum er die Hundezucht nicht verkauft habe. Edi antwortete energisch: „Niemals, Rodel gibt’s nur einmal!“

Foto: Rodel- Bernhardiner mit Nachwuchs

Aus einer Dia-Serie über Ottenbach um 1960. Regionalbibliothek Affoltern a.A.


Edi Rodel ist im Grab seiner Ehefrau Hermine auf dem Friedhof Ottenbach begraben.

Rodel-Berli Hermine *1913 †1997

Rodel-Berli Edi *1916 †2011

Das im Text beschriebene „Chalet an prächtiger Hanglage“ liegt an der Jonentalstrasse 9, CH-8913 Ottenbach, Richtung Schützenhaus Jonen-Ottenbach

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Quelle: Willy Hug, Alte Geschichten aus dem Säuliamt, 2006,Verlag Kappeler Freundeskreis

70 Geschichten aus allen 14 Gemeinden des Bezirkes Affoltern, mit über 250 teils grossformatigen Bildern sind in dem 320 seitigen Band vereinigt. Alle Geschichten sind schon einmal im „Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern“ erschienen. In diesem schön gestalteten Text- und Bildband liegen sie nun gesammelt vor. Eine Fundgrube für jeden Ämtler, für jede Ämtlerin!

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Nachtrag

Peter Aebersold, aufgewachsen in Ottenbach, ist im Wikipeter auf den Artikel über die Bernhardinerzucht von Edi Rodel, Ottenbach, gestossen. Er hat dazu noch interessante Informationen über seinen Vater, Fritz Aebersold, geliefert und erlaubt, diese auf Wikipeter zu veröffentlichen.

Die Sattlerei Fritz Abersold, Ottenbach

Sein Vater, Fritz Aebersold, betrieb eine Sattlerei an der Muristrasse 8. Er hat am Anfang der Rodel-Bernhardiner-Zucht die berühmten Fässli bemalt, welche die Rodel-Bernhardiner am Hals trugen. Auch Hundehalsbänder, Hundegeschirr stellte er her. Die Bernhardiner, samt Fässli, wurden in die ganze Welt verkauft.

Fritz Aebersold, †1979, war ein stiller, unermüdlicher Schaffer und Kunsthandwerker. Er übernahm 1940 die Sattlerei von August Hegetschweiler, „Sattler-Guschti “genannt. Fritz Aebersold hat alles gemacht: Polstermöbel, Matratzen, Bodenlegen, Tapezieren, Rossgeschirr, später Militärrucksäcke, Brotsäcke, Gürtel , usw. Seine Frau Alice, †1999, nähte Vorhänge und half mit bei den Militärarbeiten. Was man mit Leder alles machen kann hat er gemacht, natürlich auch viele Reparaturarbeiten, z.B. Ledertreibriemen, wenn sie mangels Pflege mit Fett spröde wurden. Das Handwerk war auch sein künstlerisches Hobby. z.B. die Restaurierung von historischen Feuerwehreimern oder die kunstvolle Verzierung von Lederartikeln mittels Punzierung.

Sein Sohn Peter hat auf der Wikipedia-Seite des Sattlerhandwerks das Foto mit den Originalwerkzeugen seines Vaters hochgeladen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Sattler . Zur Punzierung gibt es ebenfalls eine interessante Wikipedia- Seite: https://de.wikipedia.org/wiki/Punzierung

Quelle: Peter Aebersold, Autor: Peter Eichhorn. Erstellt am 30.11.2013

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